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MOBILE LADESTATION FÜR E-AUTOS

Laut Statista gab es am 1. Januar 2019 rund 83.200 Elektroautos in Deutschland. Dem gegenüber stehen 13.900 Ladestationen (Stand: 6. März 2019). Doch meist befinden sich diese Ladestationen eher in Ballungsgebieten. Um eine Rundumversorgung in ganz Deutschland zu ermöglichen, aber die E-Mobilität vor allem auch C02-neutral zu gestalten, entwickelt derzeit das Berliner Start-up Me Energy an den mobilen Schnellladestationen „Me Charge“. Diese sollen per Biokraftstoff betrieben werden. Ein eigens konzipierter Generator im Inneren der Säule wandelt diesen dann in Strom um. So wird das Schnellladen ohne Anschluss an das Stromnetz möglich. Der Vorteil: Die Säule ist komplett unabhängig von jedweder Infrastruktur. Auch entfällt der teure Anschluss an das Mittelspannungsnetz. Ziel des Systems ist eine flexible und flächendeckende Verbreitung von Zapfsäulen für Elektrofahrzeuge. Insbesondere außerstädtische Gebiete, die bis dato mangels Infrastruktur von der E-Mobilität ausgeschlossen waren, sollen somit erschlossen werden.

AUSBAU DER INFRASTRUKTUR UND NUTZUNG VON BIOKRAFTSTOFF

Zwei Themen, warum die Elektrifizierung des Verkehrs nur langsam voranschreitet haben die innovativen Ingenieure besonders im Auge: So soll zum einen durch die Mobilität der Ladestationen den Menschen die Angst genommen werden, mit dem Elektroauto liegenzubleiben, da der Akku leer ist und keine Ladesäule in der Nähe. Dank der Schnelllademöglichkeit – die Stationen laden ein E-Auto übrigens für eine Reichweite von etwa 200 Kilometern innerhalb von 10 Minuten – sollen auch die Wartezeiten so kurz wie möglich gehalten werden.

Als zweiten Punkt entspricht die Gewinnung des Stroms durch Biokraftstoff, statt wie derzeit noch üblich zum Beispiel durch Kohle, dem Trend und dem Muss zur Gewinnung von Strom durch Erneuerbare Energien.

Me Charge ©MeEnergy

Doch es sprechen noch weitere Argumente für die Schnellladestationen:

Durch die hocheffiziente Technologie sind die Investitions- und Lebensdauerkosten deutlich geringer als bei vergleichbaren Produkten“, erklärt Alexander Sohl, von Me Energy, „es handelt sich daher um die erste profitable und nachhaltige Ladesäule.“

Mitgründer Holger Adler, ergänzt: „Der Verkehrssektor macht etwa 30% der gesamten CO2-Emissionen der EU aus. Unser Ziel ist es, eine flächendeckende, emissionsfreie und CO2-neutrale Elektromobilität zu ermöglichen. Mit unseren Säulen können ‒ im Vergleich zum aktuellen Strommix ‒ mindestens 7,5 kg CO2 pro 100 Kilometer eingespart werden. Damit können wir mit unserer Entwicklung einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“

ZWEI NACHFÜLL-OPTIONEN

Zum Nachfüllen der Ladestation stehen zwei verschiedene Varianten zur Verfügung: So könnte sie einerseits auf einen klassischen Tank zurückgreifen. An der Station selbst soll dabei Platz für 2.000 L ‒ also ca. 200 Ladevorgänge ‒ zur Verfügung stehen. Auch könnte der Tank separat, z. B. unter der Erde platziert werden. Die eigentliche Ladestation umfasst dann 2 x 1 x 1,5 m (H x B x T). Angeliefert wird das Material klassisch über Tanklaster.

Bei der zweiten Variante steht der Kraftstoff in Patronen à 35 L zur Verfügung. Diese besitzen einen Verschluss, der automatisch beim Einsetzen geöffnet wird. Ähnlich einer DHL-Packstation oder eines Amazon Lockers verfügt die Ladestation über ein Schließfachsystem. So können die Patronen von verschiedenen Lieferdiensten wie DHL, UPS, Hermes usw. an die Station geliefert werden.

HINTERGRUND

Die Gründer Alexander Sohl (CEO) und Holger Adler (CTO) lernten sich durch Ihre gemeinsame Leidenschaft HiFi kennen. Holger ist übrigens auch Gründer vpn Voxativ, einer der weltweit führenden High-End Marken im Bereich Lautsprecherboxen. Der Markteintritt für die mobilen Säulen ist für Mitte 2020 geplant. Derzeit ist das 2018 gegründete Unternehmen übrigens auf der Suche nach Ingenieuren sowie auch Kapitalgebern.

E-MOBILITÄT: LADEN KÖNNTE BALD SO SCHNELL SEIN WIE TANKEN

100 Kilometer Reichweite in drei Minuten – so schnell lud die Ultra-Schnellladestation bei Jettingen-Scheppach an der A8 zwischen Augsburg und Ulm die Testfahrzeuge aus dem Hause Porsche und BMW. Die Leistung des am 12.12.2018 in Betrieb genommenen Prototyps entspricht immerhin dem Drei- (Tesla Supercharger mit 145 kW) bis Neunfachen (50 kW DC Charger) der bis dato am häufigsten verfügbaren Leistung von DC-Schnellladestationen. Einzig zwei Schnellladestationen am Porsche-Zentrum Berlin-Adlershof bringen derzeit 350 kW. Die neue Ultra-Schnellladestation in Jettingen schafft immerhin bis zu 450 kW. Demonstriert wurde diese einmalige Ladeleistung an zwei Forschungsfahrzeugen: So erreichte ein umgebauter Porsche Panamera mit einer Netto-Batteriekapazität von knapp 90 kWh unter besonderer Kühlung eine Ladeleistung von über 400 kW und ermöglichte somit die oben schon erwähnte Ladezeit von unter drei Minuten für die ersten 100 Kilometer Reichweite.

Der ebenfalls modifizierte BMW i3 war mit einer Hochvoltbatterie mit 57 kWh Netto-Kapazität ausgestattet. Er benötigte für den Ladevorgang von 10-80 % State of Charge (SOC) nur noch 15 Minuten. Fahrzeugseitig wurde hier ein speziell entwickelter Hochvoltspeicher in Kombination mit einer intelligenten Ladestrategie eingesetzt. Das heißt, es wurde auf die genaue Vorkonditionierung der Speichertemperatur bei Ladestart, das Temperaturmanagement während des Ladevorgangs sowie auf ein perfekt abgestimmtes Profil der Ladeleistung über Zeit geachtet.

Der Ladevorgang erfolgte über ein fahrzeugseitiges Mehrspannungsnetz mit Hochvolt-DC/DC-Wandler (HV-DC/DC), indem die geforderte 800-V-Eingangsspannung der Ladesäule auf die niedrigere 400-V-Systemspannung des BMW-i3-Forschungsfahrzeugs transformiert wurde. Übrigens: das Fahrzeug kann durch den HV-DC/DC-Wandler auch rückwärtskompatibel Strom tanken. Wichtig ist dabei, eine gesicherte Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladesäule zu gewährleisten.

PROTOTYP 

Die ultraschnelle Ladestation soll für E-Autos aller Marken und mit der in Europa üblichen Typ-2-Variante des Combined Charging System (CCS) geeignet sein. Derzeit steht nur im schwäbisch-bayerischen Jettingen der Prototyp mit zunächst zwei Ladeanschlüssen, die übrigens kostenlos durch das öffentliche Stromnetz eingespeist werden, zur Verfügung. Während der eine Anschluss die oben erwähnte Ladeleistung bringt, gibt der zweite bis zu 175 kW ab. Doch schon Ende 2019 soll ein europäisches Schnellladenetz weitgehend stehen, so der Porsche Pressesprecher Mayk Wienkötter.

Die Ultra-Schnellladestation entspringt einer Entwicklung des im Juli 2016 gestarteten Forschungsprojekts „FastCharge“, das von einem Industriekonsortium unter der Führung der BMW Group betrieben wird und dem als Automobilhersteller zudem noch die Porsche AG angehört. Als Betreiber sind die Allego GmbH, die Phoenix Contact E-Mobility GmbH (Ladetechnik) sowie die Siemens AG (Elektrotechnik) mit von der Partie. Ziel der beteiligten Unternehmen ist, durch schnelles und komfortables Aufladen die Attraktivität von E-Mobilität zu steigern. Gleichzeitig wird im Rahmen von „FastCharge“ untersucht, welche technischen Voraussetzungen an den Fahrzeugen und bei der Infrastruktur erfüllt sein müssen, um die extrem hohen Ladeleistungen einsetzen zu können.

LEISTUNGSSTARKE INFRASTRUKTUR 

Übersicht der Ladeinfrastruktur ©Porsche AG

Basis der komplexen Technik bildet eine leistungsstarke Ladeinfrastruktur. So ermöglicht es das von Siemens stammende Energieversorgungssystem die Grenzen der Schnellladefähigkeit von Fahrzeugbatterien zu erproben. Schon heute kann das eingesetzte System mit höheren Spannungen von bis zu 920 Volt ‒ wie sie bei zukünftigen Elektrofahrzeugen erwartet werden ‒, arbeiten. In das System sind sowohl die Hochleistungselektronik für die Ladeanschlüsse als auch die Kommunikationsschnittstelle zu den Elektrofahrzeugen integriert. Dementsprechend ist eine automatische Anpassung der abzugebenden Leistung durch den Lade-Controller möglich, so dass verschiedene Elektroautos mit dieser Infrastruktur geladen werden können. Auch ist das gleichzeitige Laden mehrerer Fahrzeuge umsetzbar. Das Laden mit hohen Stromstärken und Spannungen macht eine Vielzahl unterschiedlicher Einsatzgebiete denkbar, wie etwa bei Flottenladelösungen oder eben das Laden an Autobahnen.

Um die Anforderungen in Bezug auf die Kühlung, die beim schnellen Aufladen mit besonders hoher Leistung auftreten, erfüllen zu können, werden gekühlte HPC-Ladekabel (High Power Charging) von Phoenix Contact eigesetzt. Diese Kabel sind vollständig CCS-kompatibel. Als Kühlflüssigkeit dient ein umweltfreundliches Wasser-Glykol-Gemisch, was wiederum einen halboffenen Kühlkreislauf und somit, im Vergleich zu hermetisch geschlossenen Systemen, eine einfachere Wartung, ermöglicht.

Das „Fast Charge“-Projekt wird mit insgesamt 7,8 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert. Koordiniert wird die Umsetzung der Förderrichtlinien von der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW).

Mit der Vorstellung des Ultra-Schnelllade-Prototyps kommen die beteiligten Unternehmen der Lösung von derzeitigen Hemmnissen in Bezug auf E-Mobilität ein Stück weit näher: der langen Ladezeit. Bleibt abzuwarten inwieweit der Ausbau von Ladestationen sowie auch die Hürde „Preis“ alsbald gestemmt werden. Eine Kritik wurde zumindest schon aus der näheren Umgebung des Ladecontainers bei Jettingen geäußert: die leistungsfähigen Kühlsysteme sollen relativ laut sein.

Foto oben: Der umgebaute Panamera erreichte eine Ladeleistung von über 400kW ©Porsche AG

Dieser Artikel erschien in der Innovation Origins.