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BIOLOGISCHES GEWEBEIMPLANTAT PER 3D-DRUCK

3D-Druck gilt als Eckpfeiler der Industrie 4.0. Es gibt kaum eine Branche, wo dieses Verfahren nicht eingesetzt wird. Und auch in der regenerativen Medizin ist der 3D-Druck mittlerweile angekommen. Erst im April 2019 stellten israelische Forscher ein gedrucktes, dreidimensionales Mini-Herz aus menschlichem Gewebe vor. Dies ist zwar lange noch nicht Einsatzbereit, doch immerhin soll es vergleichbar sein mit dem eines menschlichen Fötus.

MASSGESCHNEIDERTE GEWEBESTRUKTU

Forschende des Fraunhofer Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB Stuttgarthaben nun erstmals gemeinsam mit der Universität Stuttgart  biologisches Gewebe aus dem 3D Drucker hergestellt. Somit könnte in Zukunft irreparabel zerstörtes Gewebe durch eine maßgeschneiderte, biologisch funktionelle Gewebestruktur aus dem Drucker ersetzt werden. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Dr. Achim Weber, stellvertretender Abteilungsleiter am IGB schätzt den Zeitraum auf cirka ein Jahrzehnt. Vorher werden noch zahlreiche Testsysteme gefahren. Dies fängt vom Drucken in die Petrischale an, geht über die Erprobung in Medikamenten und dürfte dann erst einmal in unkritische Bereiche wie Sehnen und Knochen gehen, bevor tatsächlich einmal ein Herz, Auge oder eine Niere gedruckt werden kann.

BIOTINTE ALS BASIS

Bio-Ink © Fraunhofer IGB

Basis des Verfahrens sind sogenannte Biotinten, die sich für den 3D-Druck, also eine additive Fertigung eigenen. Die Tinten bestehen aus Biopolymeren wie Gelatine oder Hyaluronsäure, einem wässrigem Nährmedium und lebenden Zellen. Schicht für Schicht werden diese Flüssigkeiten übereinander gedruckt, bis ein vorher programmiertes 3D-Objekt entsteht. Während des Drucks bleiben die Biotinten fließfähig. Danach werden sie mit UV-Licht bestrahlt. Dadurch vernetzen sie sich zu Hydrogelen, also wasserhaltigen Polymernetzwerken.

EINZIGARTIGES BIOPRINTING

Die Biomoleküle lassen sich gezielt chemisch modifizieren. Somit wird erreicht, dass die gedruckten Gele unterschiedliche Festigkeiten und Quellbarkeiten aufweisen. Dementsprechend können Eigenschaften von natürlichen Geweben nachgebildet werden. Das kann ein fester Knorpel sein, aber auch ein weiches Fettgewebe. Das Spektrum an einstellbarer Viskosität ist breit.

Bei 21 Grad Raumtemperatur ist Gelatine fest wie ein Wackelpudding – so kann sie nicht gedruckt werden. Damit dies nicht passiert und wir sie unabhängig von der Temperatur prozessieren können, maskieren wir die Seitenketten der Biomoleküle, die dafür zuständig sind, dass die Gelatine geliert“, skizziert Weber eine der Herausforderungen des Verfahrens.

Ein weitere Hürde: Damit die Gelatine bei einer Temperatur von etwa 37 Grad nicht fließt, muss sie chemisch vernetzt werden. Um dies zu erreichen, wird sie sozusagen zweifach funktionalisiert. Das bedeutet: Alternativ zu den nicht vernetzbaren, maskierenden Acetylgruppen, die ein Gelieren verhindern, baut das Forscherteam vernetzbare Gruppen in die Biomoleküle ein. Diese Vorgehensweise ist im Bereich des Bioprintings einzigartig.

Wir formulieren Tinten, die verschiedenen Zelltypen und damit auch verschiedenen Gewebestrukturen möglichst optimale Bedingungen bieten“, so Dr. Kirsten Borchers.

Sie ist verantwortlich für die Bioprinting-Projekte in Stuttgart.

KNOCHEN- UND VASKULARISIERUNGSTINTE

In Kooperation mit der Universität Stuttgart ist es unlängst gelungen, zwei unterschiedliche Hydrogel-Umgebungen zu schaffen. So sollen zum einen festere Gele mit mineralischen Anteilen die Knochenzellen bestmöglich versorgen. Während weichere Gele ohne mineralische Anteile Blutgefäßzellen die Möglichkeit geben sollen, sich in kapillarähnlichen Strukturen anzuordnen.

Die beste künstliche Umgebung für die Zellen ist die, die den natürlichen Bedingungen im Körper möglichst nahekommt. Die Aufgabe der Gewebematrix übernehmen in unseren gedruckten Geweben daher Biomaterialien, die wir aus Bestandteilen der natürlichen Gewebematrix herstellen“, erklärt Borchers.

Durch das Variieren der Zusammensetzung des Biomaterials ist also der Druck von verschiedenen biologischen Implantaten möglich. So konnten die Wissenschaftler auf Basis ihres verfügbaren Materialbaukastens beispielsweise „Knochentinte“ herstellen. Die darin verarbeiteten Zellen sollen das Originalgewebe regenerieren, also selber Knochengewebe bilden. Das Geheimnis der Tinte ist eine spezielle Mischung aus dem pulverförmigen Knochenmineral Hydroxylapatit und aus Biomolekülen.

Die Vaskularisierungstinte hingegen bildet weiche Gele, in der sich Kapillarstrukturen – also Blutgefäße – etablieren konnten. Hierfür werden spezielle Zellen, die Blutgefäße bilden, in die Tinten eingebracht. Die Zellen bewegen sich, wandern aufeinander zu und formen Anlagen von Kapillarnetzwerken aus kleinen röhrenförmigen Gebilden. Wird dieser Knochenersatz implantiert, so würde der Anschluss des biologischen Implantats an das Blutgefäßsystem des Empfängers wesentlich schneller funktionieren, als bei Implantaten ohne kapillarähnliche Vorstrukturen.

Ohne Vaskularisierungstinte ist erfolgreicher 3D-Druck von größeren Gewebestrukturen vermutlich nicht möglich“, so Weber.

REGENERATION VON KNORPEL

Jüngstes Forschungsprojekt des Stuttgarter Forscherteams ist die Entwicklung von Matrices für die Regeneration von Knorpel. „Für alle Körperzellen, die wir aus Gewebe isolieren und im Labor vermehren, müssen wir dazu eine Umgebung schaffen, in der sie ihre spezifischen Funktionen auch über längere Zeit erfüllen können“, schildert Lisa Rebers, Bioingenieurin im Team, die Versuche. Sicherlich werden noch weitere interessante 3D Druckprozesse aus Biomaterialen folgen.

Denn die genannten Ergebnisse entspringen der Arbeitsgruppe Additive4Life, die an der Erprobung und Entwicklung neuer Technologien im Bereich Bioprinting forscht.

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Herzpflaster soll Kontraktionskraft nach Herzinfarkt verbessern

HERZPFLASTER SOLL KONTRAKTIONSKRAFT NACH HERZINFARKT VERBESSERN

Ein Herz kann man nicht reparieren – oder doch? Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) arbeiten derzeit an einem Herzpflaster, das lädiertes Gewebe am Herzmuskel überbrücken soll. Dieses entsteht vor allem nach einem Herzinfarkt. Einen solchen erleiden etwa 200.000 Deutsche pro Jahr. Doch dank einer heutzutage sehr guten Notfallversorgung überleben etwa mehr als drei Viertel von ihnen. Aber an ihrem Herzmuskel bleiben oft geschädigte Bereiche zurück. Diese haben ihre Kontraktionskraft für immer verloren. Denn die Herzmuskelzellen von Erwachsenen sind nicht in der Lage, sich zu teilen. Sie können also kein neues Gewebe bilden. Es kommt somit zu einem dauerhaften Funktionsausfall, der den verbliebenen Herzmuskel belastet. Bei rund einem Viertel der Infarktpatienten führt dies zu einer chronischen Herzschwäche. Dazu Professor Dr. med. Claus F. Vogelmeier, Direktor des Universitätsklinikums Marburg UKGM:

Unter dieser sogenannten Herzinsuffizienz leiden sehr viele Patienten in Deutschland. Umso wichtiger ist es, dass die Forschung hier vorangetrieben wird.“

Vogelmeier ist dieses Jahr Kongresspräsident der diesjährigen, übrigens 125., Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin DGIM, die am 7. Mai 2019 in Wiesbaden stattfindet. Hier werden die Experten unter anderem die Entwicklungs- und Einsatzmöglichkeiten der Streifen diskutieren.

WELTWEITE FORSCHUNGEN ZU DIESEM THEMA

Derzeit arbeiten etliche Labore weltweit mit verschiedenen Stammzellen, aus denen sich Herzmuskelzellen gewinnen lassen. Diese Zellen können zum einen direkt in den Herzmuskel gespritzt werden. Sie können aber auch auf einem Gerüst aus Collagen oder Fibrin zu einem spontan schlagenden Herzmuskelflicken vorgezüchtet werden. Diese auch als „Engineered heart tissue“ (EHT) bezeichneten Gewebe werden dann in einem chirurgischen Eingriff auf die Oberfläche des Herzens aufgenäht. Hier wachsen sie anschließend an und bilden neues Herzgewebe.

HERZPFLASTER BRINGEN EINIGE VORTEILE

Das Aufbringen dieser Pflaster ist zwar aufwändiger als die Zellinjektion, hat aber mehrere Vorteile“, erklärt Professor Dr. med. Thomas Eschenhagen, Vorstandsvorsitzender des DZHK und Institutsdirektor am Zentrum für Experimentelle Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf UKE.

So würden erstens keine Zellen abgeschwemmt. Dadurch erhöhe sich die Effizienz deutlich. Auch gebe es, anders als nach einer Zellinjektion, keine Herzrhythmusstörungen. Und schließlich lasse sich die Kontraktionskraft des neuen Gewebes bereits vor der Implantation testen. Eschenhagen entwickelte das prinzipielle Tissue-Engineering-Verfahren bereits vor 25 Jahren gemeinsam mit Kollegen aus den USA.

ERFOLGREICHE TESTS AN TIEREN

Sowohl die Injektion von Herzmuskelzellen, als auch das Aufbringen von Herzpflastern sind bereits erfolgreich bei verschiedenen Tierarten getestet worden. „Zum Teil ließen sich beeindruckende Mengen von neuem Herzmuskelgewebe nachweisen“, beschreibt Eschenhagen die Tests. Bis auf Herz-Rhythmusstörungen, zu denen es nach einer Zellinjektion vorübergehend kommen könne, seien keine schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgetreten – insbesondere keine Tumore. Diese gelten nämlich als gefürchtetes Risiko bestimmter Stammzellenarten.

Derzeit sind jedoch noch einige Fragen offen. So ist etwa der Langzeitverlauf eines derartigen Eingriffs noch nicht bekannt. Auch ist die mechanische und elektrische Ankopplung des neuen Gewebes an den Herzmuskel noch unklar. Zudem wird noch nach Zelllinien geforscht, die nicht abgestoßen werden und daher keine Immunsuppression erfordern.

HERZPFLASTER STATT SPENDERHERZ

„Diesen Fragen gehen einige der vom DZHK geförderten Projekte derzeit noch nach“, erklärt Eschenhagen. Dennoch sind die Mediziner zuversichtlich, schon in absehbarer Zeit Patienten mit den neuen Zellen behandeln, und ihre Herzfunktion wieder verbessern zu können. Die Vorbereitungen dafür laufen. Und bereits im kommenden Jahr sollen in einer DZHK-Studie erste Herzpflaster an Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz getestet werden. So könnte ihnen ein Spenderherz erspart bleiben.

Bis die Wissenschaftler des DZHK so weit wie heute gekommen sind, bedurfte es einiger Vorabforschungen über das Züchten von Hautzellen zur Behandlung von Herzerkrankungen. So wurde im Jahre 2016 ein im Labor gezüchtetes, menschliches Herzmuskelgewebe erstmals erfolgreich auf ein krankes Meerschweinchenherz genäht. Und im Dezember 2018 gaben die Forschenden bekannt, dass sie schlagendes menschliches Herzmuskelgewebe der Vorhöfe aus Hautzellen gezüchtet hatten.

PHYSIOTRUCK – GESUNDHEITSVORSORGE VOR DER HAUSTÜRE

Manchmal, da fehlt ganz einfach die Zeit, um etwas mehr für die eigene Gesundheit zu tun. Wie schön wäre es zum Beispiel, in der Mittagspause an einem professionellen Zirkel-Training teilzunehmen, alternativ eine Entspannungsmassage zu genießen oder ganz gezielt, auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt, eine professionelle Physiotherapie zu erhalten? Am besten direkt vor Ort, in Fußnähe des Arbeitsplatzes und vielleicht sogar auf Kosten des Arbeitgebers. Das könnte ab sofort möglich werden. Denn Arbeitgeber wissen: In einem gesunden Körper steckt auch ein gesunder Geist, also eine leistungsfähige Arbeitskraft. Deshalb bieten auch immer mehr Arbeitgeber ihren Mitarbeitern eine gezielte, betriebliche Gesundheitsvorsorge an. Diese senkt nicht nur den Krankenstand. Sie fördert auch die Motivation der Arbeitnehmer und trägt zur Verbesserung des Allgemeinbefindens bei. Doch meist hat sie einen Haken: Die Durchführung scheint immer etwas umständlich.

UMGEBAUTER RETTUNGSWAGEN

Und genau auf diese Thematik haben sich der Taunussteiner Physiotherapeut Erfan Barogh und seine Kollegin Tamara Hanssen mit ihrem einmaligen Angebot spezialisiert. Nach seinem Studium an der Fresenius Hochschule baute der ehemalige Rettungssanitäter Barogh neben seiner beruflichen Tätigkeit eigens einen ausgedienten ASB-Rettungswagen als komplett ausgestattete, mobile Physiotherapie-Praxis um. In dem sogenannten Physiotruck ist alles drin, was das Team für seine Arbeit benötigt: Angefangen von einer modernen Therapieliege über ein Waschbecken bis hin zu Gymnastikgeräten sowie Hilfsmitteln wie Öle, Triggerstäbe und Tapes.

@physiotruck

Auch optisch erinnert das Innere des Wagens an eine kleine, liebevoll gestaltete Physio-Praxis: Eine kleine Palme sowie die apfelgrünen Sitz- und Liegeflächen lockern das ansonsten puristisch-modernen Design des Mobiliars auf. Zudem ist die Beleuchtung auf die jeweilige Behandlung abstimmbar. Und zu guter Letzt kann auf Wunsch auch eine leise Lounge-Musik im Hintergrund abgespielt werden.

Fast ein halbes Jahr baute der junge Unternehmer an seinem Truck. Zwar waren einige Standards wie Stromanschluss, Licht, Standheizung, Klimaanlage und Schränke in dem Fahrzeug schon vorhanden. Doch viele weitere Arbeiten kamen noch hinzu. So baute er einen neuen Boden ein, folierte die Schränke, setzte LED-Lichter ein, verkleidete die Radkästen und vieles mehr. Für zusätzliche Einbauten wie Waschbecken oder Eisfach – dies benötigen Barogh und Hanssen, um beispielsweise Kryotherapie anbieten zu können – verwendete er unter anderem Materialen aus dem Wohnmobilbereich.

VORTEILE DER MOBILITÄT

Die Mobilität der außergewöhnlichen Physio-Praxis bietet einige Vorteile: So müssen vor Ort, also in den avisierten Unternehmen, nicht Extra-Räume für die Behandlung zur Verfügung stehen. Auch braucht der Therapeut selbst nicht umständlich sein ganzes Equipment zum Patienten beziehungsweise Kunden tragen. Vor allem aber ist die Ausstattung, im Vergleich zu anderen mobilen Angeboten, die mit faltbaren Massagebänken arbeiten, um einiges hochwertiger. So ist beispielsweise im Truck eine professionelle, therapeutische Liege eingebaut. Zudem hat das Team gleich alle nur denkbaren, notwendigen Utensilien – vom Kräuterstempel-Gerät bis hin zum Schröpfset – immer dabei und auch gleich griffbereit zur Hand. Des Weiteren bleibt, dies ist bei anderen mobilen Angeboten nicht immer möglich, im Truck die Privatsphäre stets gewahrt. Und natürlich herrscht hier ein medizinisch sauberes Umfeld.

UNTERNEHMEN UND VERANSTALTER ALS KUNDEN

Im Moment ist das Team vor allem im Bereich des Taunuskreises unterwegs. Doch kann es sich durchaus vorstellen – sofern es für mehrere Tage gebucht wird – seinen Wirkungskreis auszuweiten. Aufgrund gesetzlicher Einschränkungen – wie etwa der geforderten Quadratmeterzahl der Therapiefläche und dem Nichtvorhandensein von sanitären Einrichtungen konzentrieren sich Barogh und Hanssen vor allem auf präventive Maßnahmen der beruflichen Gesundheitsförderung sowie auf Veranstaltungen der Sport- und Gesundheitsbranche. Und es kann sich freuen: Das mobile Konzept kommt gut an. Derzeit ist das Team mit dem findigen Geschäftsmodell für etwa einen Monat im Voraus ausgebucht. Die Kunden sind hauptsächlich Unternehmen und Veranstalter. Doch auch ein Privatrezept – sofern ein Hausbesuch verordnet wurde – könnte über den Physiotruck abgerechnet werden. Hierfür müsste der Truck nur auf dem Gelände des Patienten parken können. Je nach Therapie benötigt der Physiotherapeut daafür einen Stromanschluss von 240 V.

VISIONEN MOBILER THERAPIE

Einen Blick in die Zukunft der mobilen Physiotherapie sieht Barogh wie folgt:

Wenn ich an die Zukunft der mobilen Physiotherapie denke, denke ich gerne an meine ursprüngliche Idee zurück: Während meines Physiotherapie-Studiums an der Hochschule Fresenius arbeitete ich weiterhin in Teilzeit als Rettungsassistent. Dabei merkte ich, dass der Rettungsdienst häufig wegen vermeintlicher Bandscheibenvorfälle alarmiert wurde. Oft stellte sich dann heraus, dass diese Schmerzen eine ganz andere Ursache hatten, wie zum Beispiel muskuläre Verspannungen. Das wurde mir durch mein Know-how aus dem Studium klar. Als mich ein Patient daraufhin ansprach, dass er froh wäre, wenn Therapeuten einen mobilen Notfallservice anbieten würden, war die Idee zum Physiotruck geboren.“

Derzeit ist laut Barogh aufgrund gesetzlicher Vorlagen ein mobiler Notfallservice nicht möglich. Doch er führt gezielt Gespräche auf politischer Ebene, um hier auf die Schwachstellen in unserem Gesundheitssystem hinzuweisen. Gleichzeitig gibt er der Politik auch Anregungen, um die Physiotherapie durch einen mobilen Service vor allem im ländlichen Raum weiterzuentwickeln und auszubauen.

Sollte die Nachfrage weiter steigen, kann sich Barogh zudem zunächst einmal vorstellen, einen weiteren Truck umzubauen und einzusetzen. Damit würde er sein derzeitiges Arbeitsgebiet auf den Raum Wiesbaden erweitern. Mit seinem Konzept könnte Barogh zukünftig durchaus weitere Arbeitsplätze schaffen und vielleicht sogar ein Umdenken in der unzeitgemäßen Gesundheitsvorsorge bewirken.

DURCH SAUBERE SIPHONS KRANKENHAUSKEIME REDUZIEREN

Jährlich erkranken allein in Deutschland etwa 800.000 – 900.000 Menschen an in Verbindung mit einem Krankenhausaufenthalt entstandenen ‒ sogenannten nosokomialen ‒ Infektionen. Etwa ein Drittel dieser Fälle werden durch einen späteren, retrograden (rückläufigen) Bakterieneintrag bei immun-geschwächten Patienten verursacht. Die Patienten erkranken also erst im Krankenhaus. Eine der vielen Keim-Quellen ist das klinische Wassernetz.

©FEP

Während das Frischwasser sterilisiert wird, können über die Abflüsse Bakterien nahezu ungehindert in die Klinik gelangen. Wie eine im Januar veröffentlichte Studie zeigte, findet die bakteriologische Besiedlung zunächst in den Abwasserleitungen der wasserführenden Geruchssperre des Siphons statt. Wird nun der Wasserhahn geöffnet, läuft frisches Wasser durch das Abwasserrohr. Dabei strömt die Luftmasse über dem Siphon nach oben aus dem Waschbecken heraus. Gleichzeit reißt sie die hier vorhandenen Bakterien mit nach oben. Diese sind in einem Radius von ca. 1,5 Meter rund um das Waschbecken nachweisbar. Da sich bei laufendem Wasser stets auch eine Person in der Nähe des Waschbeckens aufhält, ist davon auszugehen, dass auf diesem Wege praktisch immer eine Übertragung von Bakterien stattfinden kann.

AKTUELLE METHODEN SIND KOSTSPIELIG UND AUFWENDIG

Doch führt zum Glück nicht gleich jeder Kontakt mit Bakterien sofort zu einer Erkrankung. Ganz im Gegenteil: Denn die meisten Bakterien in und um unseren Körper sind wertvolle Helfer. Dennoch können sich auf die beschriebene Weise auch pathogene Erreger ausbreiten. Und gerade in Krankenhäusern – hier kommen viele Menschen mit Abwehrschwäche auf engem Raum zusammen ‒, kann dies ein besonders großes Problem darstellen: Denn solche Patienten sind besonders anfällig für bakterielle Infektionen.

Das ist schon länger bekannt. Als Prävention wird bis dato durch Ausheizen oder Behandlung mit antibakteriellen Reinigungsmitteln der Siphon intervallartig unter großem Aufwand gesäubert. So kann ein Großteil der Weiterverbreitung von Bakterien verhindert werden. Prinzipiell funktionieren diese Methoden sehr gut. Sie sind jedoch zeitlich und logistisch anspruchsvoll. Zudem belasten sie das Krankenhaus auch finanziell und damit am Ende das Gesundheitssystem.

FORSCHUNGSVEREINIGUNG

Grund genug für die Forscher am Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) ein Siphon zu entwickeln, das ‒ einmal eingebaut ‒ in der Lage ist, eine bakterielle Besiedlung fortlaufend und sicher zu verhindern. Für ihre Arbeit schlossen sie sich mit der Firma MoveoMed GmbH zu einem von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) geförderten Projekt zusammen.

Der neuartige Ansatz besteht in der Entwicklung eines Siphon-Einsatzes, der permanent die bakteriologische Besiedlung unterbindet und somit auch eine retrograde Infektion verhindert“, erläutert Jan-Michael Albrecht, Geschäftsführer von MoveoMed.

Technologisch soll die bereits bekannte fotokatalytische – also durch Licht selbstreinigende ‒ Wirkung von Titandioxid (TiO2) verwendet werden. Dieser Stoff erzeugt bei Kontakt mit UV-Licht sogenannte Radikale, welche innerhalb kürzester Zeit Bakterien oder andere biologische Verunreinigungen zerstören können. Derzeit wird diese Technologie schon in selbstreinigenden Fassaden oder Wandfarben angewendet. Interessant dabei ist, dass schon winzige TiO2-Partikel im Sonnenlicht ihre reinigende Wirkung erzielen können. Hierbei wird jedes Mal, wenn ein TiO2-Partikel von einem Sonnenstrahl ‒ genauer dem UV-Anteil des Strahls ‒ getroffen wird, ein Sauerstoffradikal gebildet. Je stärker die Einstrahlung ist, und je mehr Titan-Partikel vorhanden sind, desto stärker ausgeprägt ist die Radikalbildung und damit der Reinigungseffekt.

HERAUSFORDERUNGEN DES SIPHONS

Doch gelangt in ein Abwasserrohr kein einziger Sonnenstrahl und somit auch keine natürliche UV-Strahlung hinein. Auch wird das Vorhaben durch den geringen Platz erschwert: Im Unterschied zu der normalerweise recht großen Fläche einer Hauswand ‒ die gleichzeitig die große Reaktionsfläche darstellt ‒, finden sich in hausüblichen Abwasserrohren weder große Flächen noch sonstiger verfügbarer Platz.

Die Forscher müssen also die fotokatalytische, selbstreinigende Wirkung einer Fassade in der prallen Sonne so komprimieren, dass Reinigung sowie Desinfektion in der Dunkelheit und Enge eines Abwasserrohres möglich sind. Den Platzmangel möchten sie dabei durch die Verwendung poröser Sintermaterialien überwinden. Das sind Metalle, die zunächst zu Fäden gezogen werden, um dann lose zusammengelegt ein Geflecht mit viel Platz zu bilden. In einem finalen Erwärmungsschritt werden sie dann verfestigt. Auf diese Weise entsteht ein Werkstoff mit sehr großer innerer Oberfläche, der anschließend mit Titandioxid beschichtet werden kann. Das mangelnde Tageslicht möchten die Dresdener durch im Siphon verbaute, spezielle UV-LEDs ersetzen.

ÜBERTRAGUNG BESTEHENDER TECHNIKEN

Deshalb liegen die Schwierigkeiten des Projektes nicht in der Erforschung prinzipiell neuer Technologien, sondern vielmehr in der Übertragung bestehender Techniken auf völlig neue Anwendungsfelder. Zunächst ist es mittlerweile gelungen, diverse Expertisen aus unterschiedlichsten Gebieten zu verknüpfen und zu bündeln. So wird das vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM entwickelte Sinterverfahren zur Herstellung von metallischen Materialen mit großen Oberflächen verwendet. Dr. Ulla König, stellvertretende Bereichsleiterin „Medizinische und biotechnologische Applikationen“ freut sich: „Das Fraunhofer FEP steuert sowohl seine Expertise in der Beschichtungstechnologie als auch in der Mikrobiologie und Analytik bei.“ Und mit Moveomed hat das Konsortium einen erfahrenen Player im Bereich innovativer Abwassertechnik mit an Bord. Das aktuelle Model MoveoSiphon ST24 dient als Maßstab der anvisierten mikrobiologischen Wirksamkeit.

Das Projekt Siphon ist im Januar 2019 gestartet. Es wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des Programms „Zentrales Investitionsprogramm Mittelstand (ZIM)“ über den Projektträger Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigung (AiF) gefördert. Am Ende der zweijährigen Laufzeit soll ein Prototyp präsentiert werden. Das FEP stellt seine aktuellen Forschungsschwerpunkte im Bereich Hygiene und Reinigung, darunter auch das Projekt Siphon, übrigens vom 21.-23. Mai 2019 auf der Messe MedTecLIVE in Nürnberg (Halle 10, Stand 10.0 – 621) vor.

PROBIOTIKUM HILFT BEI STRESSVERARBEITUNG

Diese Schlagzeile verführt fast dazu, ab sofort eine Ernährungsumstellung auf Joghurt, Sauerkraut und Miso ‒ also Lebensmittel, die durch ein Probiotikum fermentiert sind ‒, in den stressigen Alltag einzubauen. Denn Probiotika sind, laut WHO: „lebensfähige Mikroorganismen, die bei Verabreichung in ausreichender Menge eine gesundheitsfördernde Wirkung auf den Wirt mit sich bringen.“ Insbesondere, da sie gemeinsam mit den anderen im menschlichen Körper ‒ vor allem im Darm ‒ angesiedelten Bakterien verdauungsförderliche Maßnahmen unterstützen und Vitamine produzieren. Doch ganz so einfach ist die Stressbewältigung nicht: Denn Probiotika gibt es viele und nicht alle haben die gleiche Wirkung.

STUDIE MIT 40 GESUNDEN PROBANDEN

Immerhin wurde jetzt wissenschaftlich nachgewiesen, dass speziell das Probiotikum des Typs Bifidobakterium longum 1714 TM sowohl die Stressverarbeitung verbessern als auch gesunden Menschen den Umgang mit Stressbelastung erleichtern kann. Dies zumindest zeigt eine Studie der Abteilung „Psychosomatische Medizin und Psychotherapie“ am Universitätsklinikum Tübingen.

Für ihre Forschungsarbeit untersuchten die Tübinger Professoren Paul Enck (Psychosomatik) und Christoph Braun (MEG-Zentrum) 40 gesunde Probanden. Diese nahmen täglich – im sogenannten Doppelblind-Versuch ‒ über vier Wochen entweder das Probiotikum oder ein Placebo ein. Die Teilnehmer wurden vor und nach der vierwöchigen Einnahme einem sozialen, stressauslösenden Faktor (Stressor) wie folgt ausgesetzt: Mithilfe eines virtuellen Ballspiels warfen sich der Proband und zwei Gegenspieler am Computer im Wechsel einen Ball zu. Im Verlauf des Spiels wurde der Proband zunehmend aus der Gruppe ausgeschlossen. Dies sollte das Gefühl der Isolation auslösen. Was in diesem Fall in etwa mit Alltagsstress vergleichbar ist.

HIRN-SCANNER MISST HIRNAKTIVITÄT

Vor der Kapseleinnahme als auch danach spielten die Probanden das Spiel. Gleichzeitig wurde währenddessen die Hirnaktivität durch einen Hirn-Scanner, dem sogenannten Magnetenzephalographen (MEG), gemessen. So konnten beide Situationen, das Spiel und die Isolation, miteinander verglichen werden. Auch wurde die Aktivierung des Gehirns vor und nach vier Wochen der Einnahme sowie zwischen den Probanden, die Probiotikum oder Placebo erhielten, verglichen. Dabei zeigte sich deutlich, dass das Probiotikum Änderungen in den mit der Stressregulation in Verbindung stehenden Hirnregionen erzeugen kann: Bei dem Vergleich der Hirnaktivität nach Placeboeinnahme versus Einnahme des Probiotikums wies die Aktivität der letzteren Probanden vor dem Spiel sowie unter der Belastung des Stressors erhöhte Vitalität und reduzierte mentale Ermüdung auf. Dies deutet auf eine verbesserte Anpassung (Coping) an Belastungssituationen und Gegenregulation bei negativen Emotionen hin.

TEST DURCH VERÄNDERUNG VON STRESSREIZEN

Die Befunde zeigen erstmals, dass ein Probiotikum positiven Einfluss auf soziale Stresssituationen im Sinne einer besseren Stressbewältigung ausübt. Denn hier wurde, anders als in vorherigen Studien, die zentrale Verarbeitung von Stressreizen verändert. Befunde aus bisherigen Untersuchungen waren zumeist auf Subjektivität beschränkt oder stammten aus psychologischen Tests. Die Aussage der Studie gilt bislang nur für das speziell verwendete Probiotikum, das übrigens von der Firma Alimentary Health Ltd. Cork, Ireland entwickelt und zur Verfügung gestellt wurde. Das Ergebnis kann nicht auf alle Probiotika übertragen werden. Die Originalstudie ist im American Journal of Gastroenterology 2019 nachzulesen.

RISIKOGEN BEEINFLUSST WIRKUNG VON ASPIRIN

GUCY1A3 heißt das Risikogen, das die blutgerinnungshemmende Wirkung von Aspirin beeinflusst. Dies stellten jetzt Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)und der Klinik an der Technischen Universität München (TUM) fest.

Grund ihrer Forschungsarbeiten: Bei einem akuten Koronarsyndrom, also einer akuten Herz-Kreislauf-Erkrankung wie zum Beispiel Herzinfarkt, sind die Herzkranzgefäße entweder stark verengt oder gar komplett verschlossen. Mithilfe eines Katheters werden sie wieder geöffnet. Zudem wird eine Gefäßstütze, der sogenannte Stent, eingesetzt. Danach erhalten die Patienten Medikamente, die verhindern sollen, dass die Blutplättchen verklumpen und somit das Gefäß oder den Stent erneut verschließen. Dies können blutverdünnende Medikamente wie zum Beispiel Aspirin und sogenannte Adenosin Diphosphat (ADP)-Rezeptor-Antagonisten, meistens Clopidogrel, sein. Trotzdem kommt es vor, dass nach dem Einsetzen eines Stents immer wieder Gerinnsel auftauchen, die den Stent erneut verstopfen.

BLUTPROBEN VON FAST 1.800 PATIENTEN UNTERSUCHT

Nun haben die Forscher herausgefunden, dass Menschen, die eine Genvariante des GUCY1A3 tragen, nicht so gut auf die Gabe von Aspirin ansprechen. Auch nachdem sie dieses Medikament genommen hatten, klumpten ihre Blutplättchen stark zusammen. Nach dem Setzen eines Stents in den Herzkranzgefäßen hatten die Risikogen-Träger daher auch ein höheres Risiko, einen erneuten Gefäßverschluss zu bekommen oder sogar einen Tod durch Herzinfarkt zu erleiden.

Erstautor Dr. Thorsten Kessler vom Deutschen Herzzentrum München (DHM) und der Klinik an der TUM untersuchte für seine Studie Blutproben von knapp 1.800 Patienten. Hier beobachtete er insbesondere, ob die Genvariante GUCY1A3 vorliegt und wie ihre Blutplättchen auf die Gabe von Aspirin reagieren. Die Ergebnisse glich er dann mit bereits erfassten Daten bezüglich des Auftretens eines erneuten Gefäßverschlusses oder Herzinfarktes ab. Bei allen in den drei vorhandenen Registern „ISAR-ASPI, PLATO und UCORBIO“ erfassten Personen wurden verschlossene Herzkranzgefäße mithilfe eines Katheters wieder geweitet und ein Stent eingesetzt.

ZU WENIG PROTEIN

GUCY1A3 ist bereits seit längerem als Risikogen für die koronare Herzerkrankung bekannt“, so Professor Heribert Schunkert, Direktor der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen im Erwachsenenalter im DHM. „Wir wissen auch, dass es eine wichtige Rolle für die Funktion der Blutplättchen spielt.“

Denn das Gen trägt die Information für ein Protein, das eine zentrale Rolle bei der Hemmung der Blutplättchen-Aggregation spielt. An sich hemmt es sogar das Zusammenklumpen der Blutplättchen. Aber bei der hier untersuchten Variante in GUCY1A3 wird zu wenig von dem Protein gebildet, sodass die Blutplättchen stärker dazu neigen zu verklumpen. Neu ist nun, dass GUCY1A3 auch das Ansprechen auf Aspirin beeinflusst.

Prof. Dr. Heribert Schunkert, ©Deutsches Herzzentrum München

„Sowohl Aspirin als auch Clopidogrel haben ein gewisses Risiko nicht hundertprozentig zu wirken“, sagt Schunkert. Bei Clopidogrel liegt das an einem Stoffwechselweg, der durch eine genetische Variante so verändert sein kann, dass Clopidogrel nicht wirkt. Diese Variante lag bei den untersuchten Personen aber nicht vor. Das gleichzeitige Vorkommen beider Genvarianten sei auch höchst unwahrscheinlich, da sie nicht miteinander gekoppelt sind.

Weitere Untersuchungen sollen nun klären, ob man die Auswirkungen des Risikogens eventuell dadurch abfangen kann, dass anstatt Clopidogrel ein stärkerer ADP-Rezeptor-Antagonist, wie etwa Ticagrelor oder Prasugrel, verordnet, wird. Die Original-Veröffentlichung der Münchener ist hier nachzulesen.

BLUTTEST ZUR DIAGNOSE VON BRUSTKREBS

Brustkrebs gehört in Deutschland zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen. Ungefähr 70.000 sind im Jahr 2018 neu erkrankt. Das sind etwa 30 Prozent der Krebsneuerkrankungen insgesamt. Doch bei einer frühzeitigen Erkennung besteht mit 95 Prozent eine sehr hohe Heilungschance. Zur Früherkennung wurden bis jetzt das Mammographie-Screening, MRT, die Tast- und Selbstuntersuchung der Brust sowie Ultraschall eingesetzt. Forscher des Universitäts-Frauenklinikums Heidelberg stellten heute ein neues Verfahren in der Brustkrebsdiagnostik vor: Mit Hilfe eines Bluttests soll diese deutlich verbessert werden.

„Der von unserem Forscherteam entwickelte Bluttest ist eine neue, revolutionäre Möglichkeit, eine Krebserkrankung in der Brust nicht-invasiv und schnell anhand von Biomarkern im Blut zu erkennen“, so Prof. Dr. Christof Sohn, Geschäftsführender Ärztlicher Direktor der Heidelberger Uni-Klinik.

Prof. Dr. Sarah Schott, Sektionsleiterin Translationale Frauenheilkunde und Leiterin für Familiäre Krebserkrankungen der Klinik, verantwortete das Projekt gemeinsam mit Prof. Dr. Sohn. Sie ergänzt: „Das neue blutbasierte Verfahren ist deutlich weniger belastend für Frauen, weil es weder schmerzhaft ist noch mit einer Strahlenbelastung einhergeht.“

LIQUID BIOPSY

Denn auf Basis der sogenannten „Liquid Biopsy“ ist es nun möglich, die Erkrankung anhand von Biomarkern zu diagnostizieren. So können Informationen über eine Erkrankung aus Körperflüssigkeiten wie beispielsweise Blut, Urin oder Speichel gewonnen werden. Hierfür werden Botenstoffe von Tumorzellen in der Flüssigkeitsprobe untersucht. Für den aktuellen Test sind nur wenige Milliliter Blut notwendig. In diesem können von an Brustkrebs erkrankten Frauen 15 verschiedene Biomarker (miRNA und Methylierungsmarker) identifiziert werden. Mit deren Hilfe sind wiederum auch kleine Tumore nachweisbar. Die Durchführung des Tests ist in jedem Labor möglich. Er erweitert das Diagnosespektrum der bislang durchgeführten, optischen Verfahren.

Durchführbar ist der Test bei Frauen aller Altersgruppen. Doch besonders profitieren jüngere Frauen unter 50 Jahren davon. Aber auch für Frauen mit familiärer Hochrisikosituation für eine Brustkrebserkrankung, bei denen eine Mammografie beispielsweise aufgrund des dichten Brustdrüsengewebes wenig Aussage liefert oder aufgrund anderer Risikofaktoren herkömmliche bildgebende Verfahren kontraindiziert sind, ist er eine gute Alternative. Hier konnte eine Sensitivität von 80 bis 90 Prozent erreicht werden. Die Sensitivität gibt an, zu welchem Prozentsatz erkrankte Patientinnen durch den Test tatsächlich erkannt werden.

DIAGNOSE VON WEITEREN KREBSARTEN WIRD ERFORSCHT

Das Universitätsklinikum Heidelberg gilt als eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland. Insbesondere ist es auch für seine Krebsforschung und -therapie bekannt. Schon seit Jahren wird am Klinikum im Bereich Liquid Biopsy geforscht. Im Jahr 2016 meldeten die Wissenschaftler das dem Test zugrunde liegende Verfahren als Patent an. So wurden erste Fördermittel gewonnen. Seitdem arbeiteten die Forscher daran das Verfahren zu verfestigen und weiterzuentwickeln sowie die Genauigkeit in diversen Untersuchungen zu bestätigen.

Untersucht wurde in den letzten 12 Monaten eine Kohorte von über 900 Frauen mit über 500 Brustkrebspatientinnen und 400 gesunden Frauen. Die Studie ist auf eine Teilnehmerzahl von 2.000 ausgelegt und wird als Multizenterstudie fortgeführt. Aktuelle Ergebnisse zeigen bei den 500 Brustkrebspatientinnen insgesamt eine Sensitivität von 75 Prozent. Wobei hier altersabhängige Unterschiede festgestellt wurden: bei den unter 50‑jährigen zeigte sich eine Sensitivität von 86 Prozent bzw. bei den über 50-jährigen von 60 Prozent.

Ziel der fortlaufenden Studie ist es, die Aussagekraft, Sensitivität und Einsatzmöglichkeit durch zukünftige Analysen weiter zu spezifizieren und zu verbessern. Auch wird der Einsatz bei weiteren Krebsarten, so z. B. Eierstockkrebs, erforscht. Die derzeitigen Zwischenergebnisse erreichen eine Sensitivität von bis zu 80 Prozent bei den rund 200 untersuchten Patientinnen.

PERSONALISIERTE CHEMOTHERAPIE MÖGLICH

Neben der Erkennung einer Krebserkrankung kann der Bluttest zur Analyse weiterer Daten dienen. So soll zukünftig anhand von Biomarkern auch eine Metastasenbildung oder ein Rezidiv frühzeitiger erkannt werden. Auch soll der Test bei der Langzeitüberwachung eingesetzt werden. Daneben dienen die gewonnenen Informationen auch der Therapie: Die Biomarker können Auskunft darüber geben, ob eine Behandlung anspricht oder eine Therapieresistenz eintritt. Die ersten Erkenntnisse deuten darauf hin, dass das individuelle Ansprechen auf eine Chemotherapie über Liquid Biopsy überwacht werden kann und so eine langfristig personalisiertere Chemotherapiebehandlung möglich wird.

Um die notwendigen Zertifizierungen voranzutreiben und die Marktreife sicherzustellen, gründeten die Wissenschaftler nun eine Gesellschaft mit dem Namen HeiScreen GmbH. Die Gesellschaft soll die Markteinführung des Verfahrens voranbringen und Vertriebskanäle entwickeln. Die CE-Zertifizierung hat bereits begonnen, um den Bluttest noch in diesem Jahr in die klinische Anwendung zu bringen.

Bild oben: Prof. Dr. Sarah Schott und Prof. Dr. Christof Sohn von der Universitäts-Frauenklinik ©Universitätsklinikum Heidelberg

Dieser Artikel erschien am 21.2.2019 in der Innovation Origins.

Gratwanderungen: Künstliche Intelligenz in der Medizin

Die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts gibt noch immer Rätsel auf. Ein entscheidendes Hilfsmittel könnte dabei Künstliche Intelligenz sein. Mit ihr scheinen neue therapeutische Ansätze für schwerwiegende Krankheiten möglich. Aber eben auch nichtmedizinische „Verbesserungen“ des Erbguts. Seit diesem Jahr erforschen Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) welche Anwendungen in der Medizin realistisch sind. Aber auch welche ethischen Fragen aufkommen werden.

„Die moderne Genomforschung will verstehen und vorhersagen, wie genetische Unterschiede zwischen Menschen komplexe Merkmale, wie zum Beispiel Dispositionen für häufige Krankheiten, bestimmen“, so Harald König, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des KIT. Zwar schreiten die Möglichkeiten der Analyse des Erbguts rasch voran. Doch bleibt das Wissen darüber, wie unser Erbgut solche Merkmale bestimmt, bislang meist auf Korrelationen beschränkt. Eine entscheidende Weiterentwicklung verspricht nun der Einsatz von fortgeschrittenen Formen Maschinellen Lernens: „Insbesondere das sogenannte Deep Learning könnte es ermöglichen, menschliche Genome nicht nur wie bisher zu ‚lesen‘, sondern die komplexen biophysikalischen Zusammenhänge und Mechanismen zu verstehen, die dafür sorgen, aus genetischen Anlagen körperliche Merkmale hervorzubringen“, so König.

THERAPIEN GEGEN KREBS ODER DEMENZ

Die neuen Ansätze machen sich die Kombination von Künstlicher Intelligenz und rasch fortschreitenden Techniken der Genomanalyse (einschließlich Einzelzellanalysen) sowie automatisierte Laborplattformen zunutze. Letztere können sehr große Mengen von Daten zu Genomveränderungen und verschiedenen zellulären Prozessen wie dem Ablesen von Genen oder dem Auftreten verschiedener Proteinformen unter verschiedenen Bedingungen liefern. „Das Ergebnis könnte ein enormer Wissenssprung – von Korrelationen hin zu ursächlichen Zusammenhängen – sein, der ganz neue Anwendungsmöglichkeiten verspricht“, so König. Mit solchen Ansätzen verbinde sich beispielsweise die Hoffnung auf neue, ungleich effektivere Therapieansätze für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Demenz. Diese „precision medicine“ könnte maßgeschneidert für verschiedene Gruppen von Patienten, Krankheitsvarianten oder -stadien eingesetzt werden.

Das Forschungsteam, an dem neben der Technikfolgenabschätzung des KIT auch das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) beteiligt ist, will analysieren, welche Anwendungen in der Praxis kurz- bis mittelfristig realistisch sind. Gleichzeitig liegt der Fokus auf den vielfältigen gesellschaftlichen und politischen Implikationen, mit denen das neue Wissen verbunden ist. So könnte die Medizin der Zukunft für eine alternde Gesellschaft enormen makroökonomischen und sozialen Nutzen haben. Zudem könnten manche der Ansätze, wie gen- und zellbasierte Therapien, jedoch auch mit sehr hohen Kosten einhergehen. Somit werden Fragen nach der Finanzierung von Forschung und Entwicklung sowie der Zugänglichkeit für Patienten aufgeworfen.

PRÄVENTIVE EINGRIFFE IN DIE MENSCHLICHE KEIMBAHN

Das Wissen darüber, welche genetischen Informationen wie „umgeschrieben“ werden müssten, um bestimmte Effekte zu erzielen, wirft zusammen mit jüngsten Verfahren zur Genom-Editierung, wie dem CRISPR-Cas-System, auch ethische Fragen auf. So könnte zumindest international der Trend dahingehen, über seltene Erbkrankheiten hinaus auch häufige Leiden wie Brustkrebs oder Diabetes durch eine „präventive Korrektur“ entsprechender Risikomutationen in der Keimbahn menschlicher Embryonen zu verhindern. „Eine Entwicklung, die im Extremfall dazu führen könnte, dass es künftig eine wachsende Akzeptanz dafür gibt, das menschliche Genom mit nicht-medizinischen Eingriffen zu ‚verbessern‘ “, befürchtet König.

Außerdem müsse sich die Gesellschaft damit auseinandersetzen, wie die Eigentumsrechte von genetischen Daten geregelt und ihre Sicherheit gewährleistet werden kann. Künftig könnte es beispielsweise möglich sein, anhand von Genomsequenzen direkt auf den Phänotyp, also beispielsweise das Aussehen von Personen zu schließen. „Dieses Wissen“, so König, „wäre nicht nur für Strafverfolgungsbehörden äußerst wertvoll.“

OPTIONEN FÜR POLITISCHE ENTSCHEIDUNGSTRÄGER

Aufbauend auf ihrer Technikfolgenabschätzung wollen die Forschenden in den kommenden beiden Jahren Optionen für die Forschungs- und Innovationspolitik erarbeiten. Politischen Entscheidungsträgern wollen sie zudem verschiedene Handlungsmöglichkeiten anbieten. So sollen Wege für einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser durch KI und Genomik getriebenen Technologie eröffnet werden.

Das Projekt „Deepen Genomics – Chancen und Herausforderungen der Konvergenz von künstlicher Intelligenz, moderner Humangenomik und Genom-Editierung” ist Teil der Innovations- und Technikanalyse (ITA) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Die aktuellen Forschungsprojekte des Programms werden am 14. und 15. Februar beim ITA-Forum 2019 in Berlin vorgestellt.

Weitere Informationen zu dem Projekt gibt es hier.

Bild oben: Krankheiten behandeln oder das Erbgut „verbessern“? Was KI hier beitragen kann und
welche ethischen Fragen das aufwirft, untersuchen Forschende des KIT © Pixabay

Dieser Artikel erschien am 14.2.2019 in der Innovation Origins.

Defi inside

Man sieht es immer häufiger – auch auf unseren Berghütten – das grüne Schild mit einem Herz und Blitzsymbol, manchmal steht auch AED dabei. Was verbirgt sich nun aber hinter diesem Kürzel? Eine lebenswichtige Einrichtung, der sogenannte „Automated External Defibrillator” oder eben ein Defi.

Text: Paul Mair/Almut Otto; Fotos: Almut Otto (mit freundlicher Unterstützung der Bergwacht Bayern)

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Bedenkt man, dass die Herz-Kreislauf-Vorkommnisse einen Gutteil der alpinen Unfallstatistiken belegen, dann kann man sicher nicht von übertriebenen Maßnahmen sprechen, wenn man auf einer Hütte einen Defi installiert.

Markus S.*, ein Gast am Solsteinhaus im Karwendel verdankt diesem technischen Instrument, dem Engagement anwesender Gäste sowie dem Hüttenwirt Robert Fankhauser jedenfalls sein Leben. Im Alter von 46 Jahren brach er mit Herzbeschwerden auf der Terrasse zusammen. Eine zufällig anwesender Sanitäter hatte den Ernst der Lage sofort erkannt und mit den lebensrettenden Sofortmaßnahmen begonnen.

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Der erste Schritt, die Lage zu erkennnen ist, den Schmerzreiz, die Reaktion….

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…und die Atmung des Patienten zu prüfen.

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Reagiert der Patient nicht adäquat, sofort Notruf veranlassen!

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Zeitgleich wird mit der Herzdruckmassage…

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… und Beatmung begonnen.

Robert konnte währenddessen den AED holen und führte unter Anleitung der akustischen Stimme des Geräts die einzelnen Schritte durch.

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Keine Angst: Jeder kann unter Anleitung des AED die Elektroden anlegen und das Gerät ordnungsgemäß bedienen.

Nach der Schockauslösung begann das Herz des Opfers wieder zu schlagen, der ebenfalls auf der Hütte vorhandene Sauerstoff erleichterte dem Patienten die Atmung. Bis zum Eintreffen des Notarzthubschraubers Christophorus 1 wurde die Person in stabiler Seitenlage betreut.

Doch wie funktioniert denn nun eigentlich die sogenannte Frühdefibrillation? Hat man in einer unklaren Situation die Chance, einen AED einzusetzen, so sollte man dies so früh wie möglich tun. Die ersten Schritte zur Beurteilung sind ansprechen, Schmerzreiz setzen, Atmung überprüfen. Stellen wir fest, dass der Patient nicht adäquat reagiert, veranlassen wir sofort den Notruf und lassen den AED zum Patienten bringen. Zeitgleich wird mit der Herzdruckmassage und Beatmung begonnen.

Der Defi wird eingeschaltet und von nun an werden die Angaben der elektronischen Stimme befolgt.

Zuerst legt man die Elektroden laut den Skizzen auf den Pads am Oberkörper an, nun erfolgt eine Analyse des Patienten durch das Gerät. Dabei unterbricht man die CPR und berührt oder bewegt den Patienten nicht. Je nach Zustand entscheidet das Gerät, ob ein Schock abgegeben werden soll oder nicht.

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Die Pads werden laut Anleitung angebracht.

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Nun folgt durch das Gerät die Analyse des Patienten.

Wird kein Schock empfohlen, bleiben die Elektroden am Körper und man führt weiterhin die CPR 30:2 (Massage:Beatmung) fort. Nach ungefähr zwei Minuten wird eine neuerliche Zustandsanalyse vom AED durchgeführt.

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Wird kein Schock empfohlen, die Herzdruckmassage…

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…sowie Mund-zu-Mund-Beatmung fortsetzen.

Wird ein Elektroschock empfohlen, achtet man darauf, dass der Patient von niemandem berührt und etwas Abstand eingehalten wird.

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Bei Schockabgabe darf der Patient nicht berührt werden!

Nach der Schockabgabe wird die Herzdruckmassage im Verhältnis 30:2 fortgesetzt. Das Gerät führt nun ebenso nach zwei Minuten eine Analyse durch und gibt weitere Anweisungen. Dies wird solange aufrechterhalten, bis der Notarzt beim Patienten eintrifft, sich der Patient bewegt, normal atmet oder Anzeichen des wiedererlangten Bewusstseins zeigt. Darüber hinaus bleibt der Reanimierte unter ständiger Beobachtung.

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Bis zum Eintreffen des Notarztes Patienten in stabile Seitenlage bringen.

Je früher ein Defibrillator verwendet wird, umso größer sind die Chancen für den Notfallpatienten. Einen AED kann man bei Verdacht auf Herz-Kreislauf-Probleme immer verwenden. Wenn die Analyse keine Schockabgabe empfiehlt, kann diese auch nicht durchgeführt werden.

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Es gibt unterschiedliche AED-Hersteller. Doch letztendlich funktionieren die Geräte alle gleich.

*Name von der Redaktion geändert

Dieser Artikel erschien im Tablet-Magazin Mountains4u 3/2013.

Höhenvorbereitung – Dünne Luft für Leistungspusch

Drei Fragen an den Experten:

Markus Göbel, Sportwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Höhenvorbereitung, Sporttherapeut und aktiver Berg- und Outdoorsportler

Interview: Almut Otto Fotos: Markus Göbel und Jan Gruber

Wer braucht Höhenvorbereitung?

Höhenvorbereitung ist schon seit Jahren fester Bestandteil des Trainingsplans von Leistungssportlern. Weiterhin können sich Bergsteiger, die hoch hinaus wollen, vorakklimatisieren, um die Gefahr, höhenkrank zu werden, zu minimieren bzw. zu vermeiden.
Das Einatmen von sauerstoffreduzierter Luft – in der Fachsprache heißt das Hypoxie – bringt einen zusätzlichen Leistungspusch. Deshalb wird die Höhenvorbereitung auch von Marathonläufern
oder Teilnehmern von Bike Challenges genutzt. Doch auch für Breitensportler gibt es viele Einsatzbereiche. Ich denke hier zum Beispiel an ambitionierte Trekker, die den Kilimandscharo besteigen oder Motorradfahrer, die die Anden durchqueren möchten. Im Gesundheitsbereich unterstützt der simulierte Höhenaufenthalt unter anderem die Regeneration nach Sportunfällen, das Abnehmen und die Belastungstoleranz bei Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen.

Welche Trainingssysteme gibt es?

Rein theoretisch gibt es natürlich die Möglichkeit, direkt am Berg zu trainieren. Doch meist ist dies in der Praxis schon aus Zeit- und Kostengründen nicht möglich. Deshalb haben verschiedene Hersteller praktische Trainingssysteme wie den mobilen Höhengenerator, das Höhenzelt, die Atemmaske sowie auch den Pulsoximeter zur Trainingskontrolle entwickelt. Somit kann jeder Sportler ganz unabhängig und individuell in den eigenen vier Wänden trainieren. Zunächst einmal empfehlen wir vor dem Höhentraining einen Gesundheitscheck. Danach erstellen wir einen – auf das jeweilige Ziel abgestimmten – Trainingsplan. Dieser kann von neun Tagen zur Kilimandscharo-Vorbereitung bis hin zu vier Wochen zur Marathon-Vorbereitung dauern. Der Plan enthält in der Regel jedes der folgenden Elemente: Training in simulierter Höhe, das sogenannte „live low – train high“, Übernachtung im Höhenzelt, also „sleep high – train low“ sowie die Kombination aus beidem namens „live high – train high“ und zu guter Letzt die intervallförmige Einatmung von sauerstoffreduzierter Luft im Wechsel mit normaler Umgebungsluft, das „intermittierende
Höhentraining“.

Was passiert dabei im Körper?

Das „sleep high – train low“-Training provoziert die Steigerung des Sauerstofftransports und damit die aerobe Leistungsfähigkeit. Während die „live low– train high“-Methode muskuläre Adaptationen erzielt, die bereits bei geringer Belastung einen hohen
Trainingsreiz setzen. „Live high“ in Kombination mit „train high“ nutzen wir als zusätzlichen Stimulus. Hier werden die Vorteile des passiven Höhenaufenthalts mit denen des Trainings in der Höhe verbunden. Das „intermittierende Höhentraining“ unterstützt das Immunsystem, optimiert die Sauerstoffausnutzung und führt zur Steigerung der Belastungstoleranz sowie der sportlichen Leistungsfähigkeit. Da der Körper als natürliche Reaktion auf die Hypoxie viel Wasser verliert, heißt es: Trinken, trinken, trinken! Und: Auf eisenhaltige Ernährung achten! Wer eine Unverträglichkeit beim Training oder auch in der Praxis spürt, sollte übrigens die Höhe reduzieren oder einen Tag Pause einlegen. Denn letztendlich sind Gesundheit und Freude am Berg doch das allerhöchste Ziel.

  • Kosten für Material, deutschlandweiten Versand, Trainingsplan, telefonische Betreuung im Leihzeitraum: ab 299 EURO, eine gleichzeitige Nutzung von mehreren Personen ist möglich!
  • Link: Weitere Information zur Höhenvorbereitung unter
    www.hoehenvorbereitung.de
  • Buchtipp: Lämmle, Thomas; Höhe x Bergsteigen:
    Die taktischen Grundregeln des Höhenbergsteigens;
    DAV Summit Club, 2010
  • Statement: Michi Wohlleben, Extremkletterer „Dank der Höhenvorbereitung habe ich schon zwei Tage nach meiner Sehnen-OP wieder am 6.000er trainiert: Passiv und auf der Couch. Das hat mir meine Grundlagenausdauer erhalten. Sonst wäre ich drei Wochen außer Gefecht gewesen!“

Dieser Artikel erschien im AllMountain Magazin 3/2012.

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