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HERZPFLASTER SOLL KONTRAKTIONSKRAFT NACH HERZINFARKT VERBESSERN

Ein Herz kann man nicht reparieren – oder doch? Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) arbeiten derzeit an einem Herzpflaster, das lädiertes Gewebe am Herzmuskel überbrücken soll. Dieses entsteht vor allem nach einem Herzinfarkt. Einen solchen erleiden etwa 200.000 Deutsche pro Jahr. Doch dank einer heutzutage sehr guten Notfallversorgung überleben etwa mehr als drei Viertel von ihnen. Aber an ihrem Herzmuskel bleiben oft geschädigte Bereiche zurück. Diese haben ihre Kontraktionskraft für immer verloren. Denn die Herzmuskelzellen von Erwachsenen sind nicht in der Lage, sich zu teilen. Sie können also kein neues Gewebe bilden. Es kommt somit zu einem dauerhaften Funktionsausfall, der den verbliebenen Herzmuskel belastet. Bei rund einem Viertel der Infarktpatienten führt dies zu einer chronischen Herzschwäche. Dazu Professor Dr. med. Claus F. Vogelmeier, Direktor des Universitätsklinikums Marburg UKGM:

Unter dieser sogenannten Herzinsuffizienz leiden sehr viele Patienten in Deutschland. Umso wichtiger ist es, dass die Forschung hier vorangetrieben wird.“

Vogelmeier ist dieses Jahr Kongresspräsident der diesjährigen, übrigens 125., Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin DGIM, die am 7. Mai 2019 in Wiesbaden stattfindet. Hier werden die Experten unter anderem die Entwicklungs- und Einsatzmöglichkeiten der Streifen diskutieren.

WELTWEITE FORSCHUNGEN ZU DIESEM THEMA

Derzeit arbeiten etliche Labore weltweit mit verschiedenen Stammzellen, aus denen sich Herzmuskelzellen gewinnen lassen. Diese Zellen können zum einen direkt in den Herzmuskel gespritzt werden. Sie können aber auch auf einem Gerüst aus Collagen oder Fibrin zu einem spontan schlagenden Herzmuskelflicken vorgezüchtet werden. Diese auch als „Engineered heart tissue“ (EHT) bezeichneten Gewebe werden dann in einem chirurgischen Eingriff auf die Oberfläche des Herzens aufgenäht. Hier wachsen sie anschließend an und bilden neues Herzgewebe.

HERZPFLASTER BRINGEN EINIGE VORTEILE

Das Aufbringen dieser Pflaster ist zwar aufwändiger als die Zellinjektion, hat aber mehrere Vorteile“, erklärt Professor Dr. med. Thomas Eschenhagen, Vorstandsvorsitzender des DZHK und Institutsdirektor am Zentrum für Experimentelle Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf UKE.

So würden erstens keine Zellen abgeschwemmt. Dadurch erhöhe sich die Effizienz deutlich. Auch gebe es, anders als nach einer Zellinjektion, keine Herzrhythmusstörungen. Und schließlich lasse sich die Kontraktionskraft des neuen Gewebes bereits vor der Implantation testen. Eschenhagen entwickelte das prinzipielle Tissue-Engineering-Verfahren bereits vor 25 Jahren gemeinsam mit Kollegen aus den USA.

ERFOLGREICHE TESTS AN TIEREN

Sowohl die Injektion von Herzmuskelzellen, als auch das Aufbringen von Herzpflastern sind bereits erfolgreich bei verschiedenen Tierarten getestet worden. „Zum Teil ließen sich beeindruckende Mengen von neuem Herzmuskelgewebe nachweisen“, beschreibt Eschenhagen die Tests. Bis auf Herz-Rhythmusstörungen, zu denen es nach einer Zellinjektion vorübergehend kommen könne, seien keine schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgetreten – insbesondere keine Tumore. Diese gelten nämlich als gefürchtetes Risiko bestimmter Stammzellenarten.

Derzeit sind jedoch noch einige Fragen offen. So ist etwa der Langzeitverlauf eines derartigen Eingriffs noch nicht bekannt. Auch ist die mechanische und elektrische Ankopplung des neuen Gewebes an den Herzmuskel noch unklar. Zudem wird noch nach Zelllinien geforscht, die nicht abgestoßen werden und daher keine Immunsuppression erfordern.

HERZPFLASTER STATT SPENDERHERZ

„Diesen Fragen gehen einige der vom DZHK geförderten Projekte derzeit noch nach“, erklärt Eschenhagen. Dennoch sind die Mediziner zuversichtlich, schon in absehbarer Zeit Patienten mit den neuen Zellen behandeln, und ihre Herzfunktion wieder verbessern zu können. Die Vorbereitungen dafür laufen. Und bereits im kommenden Jahr sollen in einer DZHK-Studie erste Herzpflaster an Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz getestet werden. So könnte ihnen ein Spenderherz erspart bleiben.

Bis die Wissenschaftler des DZHK so weit wie heute gekommen sind, bedurfte es einiger Vorabforschungen über das Züchten von Hautzellen zur Behandlung von Herzerkrankungen. So wurde im Jahre 2016 ein im Labor gezüchtetes, menschliches Herzmuskelgewebe erstmals erfolgreich auf ein krankes Meerschweinchenherz genäht. Und im Dezember 2018 gaben die Forschenden bekannt, dass sie schlagendes menschliches Herzmuskelgewebe der Vorhöfe aus Hautzellen gezüchtet hatten.

RISIKOGEN BEEINFLUSST WIRKUNG VON ASPIRIN

GUCY1A3 heißt das Risikogen, das die blutgerinnungshemmende Wirkung von Aspirin beeinflusst. Dies stellten jetzt Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)und der Klinik an der Technischen Universität München (TUM) fest.

Grund ihrer Forschungsarbeiten: Bei einem akuten Koronarsyndrom, also einer akuten Herz-Kreislauf-Erkrankung wie zum Beispiel Herzinfarkt, sind die Herzkranzgefäße entweder stark verengt oder gar komplett verschlossen. Mithilfe eines Katheters werden sie wieder geöffnet. Zudem wird eine Gefäßstütze, der sogenannte Stent, eingesetzt. Danach erhalten die Patienten Medikamente, die verhindern sollen, dass die Blutplättchen verklumpen und somit das Gefäß oder den Stent erneut verschließen. Dies können blutverdünnende Medikamente wie zum Beispiel Aspirin und sogenannte Adenosin Diphosphat (ADP)-Rezeptor-Antagonisten, meistens Clopidogrel, sein. Trotzdem kommt es vor, dass nach dem Einsetzen eines Stents immer wieder Gerinnsel auftauchen, die den Stent erneut verstopfen.

BLUTPROBEN VON FAST 1.800 PATIENTEN UNTERSUCHT

Nun haben die Forscher herausgefunden, dass Menschen, die eine Genvariante des GUCY1A3 tragen, nicht so gut auf die Gabe von Aspirin ansprechen. Auch nachdem sie dieses Medikament genommen hatten, klumpten ihre Blutplättchen stark zusammen. Nach dem Setzen eines Stents in den Herzkranzgefäßen hatten die Risikogen-Träger daher auch ein höheres Risiko, einen erneuten Gefäßverschluss zu bekommen oder sogar einen Tod durch Herzinfarkt zu erleiden.

Erstautor Dr. Thorsten Kessler vom Deutschen Herzzentrum München (DHM) und der Klinik an der TUM untersuchte für seine Studie Blutproben von knapp 1.800 Patienten. Hier beobachtete er insbesondere, ob die Genvariante GUCY1A3 vorliegt und wie ihre Blutplättchen auf die Gabe von Aspirin reagieren. Die Ergebnisse glich er dann mit bereits erfassten Daten bezüglich des Auftretens eines erneuten Gefäßverschlusses oder Herzinfarktes ab. Bei allen in den drei vorhandenen Registern „ISAR-ASPI, PLATO und UCORBIO“ erfassten Personen wurden verschlossene Herzkranzgefäße mithilfe eines Katheters wieder geweitet und ein Stent eingesetzt.

ZU WENIG PROTEIN

GUCY1A3 ist bereits seit längerem als Risikogen für die koronare Herzerkrankung bekannt“, so Professor Heribert Schunkert, Direktor der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen im Erwachsenenalter im DHM. „Wir wissen auch, dass es eine wichtige Rolle für die Funktion der Blutplättchen spielt.“

Denn das Gen trägt die Information für ein Protein, das eine zentrale Rolle bei der Hemmung der Blutplättchen-Aggregation spielt. An sich hemmt es sogar das Zusammenklumpen der Blutplättchen. Aber bei der hier untersuchten Variante in GUCY1A3 wird zu wenig von dem Protein gebildet, sodass die Blutplättchen stärker dazu neigen zu verklumpen. Neu ist nun, dass GUCY1A3 auch das Ansprechen auf Aspirin beeinflusst.

Prof. Dr. Heribert Schunkert, ©Deutsches Herzzentrum München

„Sowohl Aspirin als auch Clopidogrel haben ein gewisses Risiko nicht hundertprozentig zu wirken“, sagt Schunkert. Bei Clopidogrel liegt das an einem Stoffwechselweg, der durch eine genetische Variante so verändert sein kann, dass Clopidogrel nicht wirkt. Diese Variante lag bei den untersuchten Personen aber nicht vor. Das gleichzeitige Vorkommen beider Genvarianten sei auch höchst unwahrscheinlich, da sie nicht miteinander gekoppelt sind.

Weitere Untersuchungen sollen nun klären, ob man die Auswirkungen des Risikogens eventuell dadurch abfangen kann, dass anstatt Clopidogrel ein stärkerer ADP-Rezeptor-Antagonist, wie etwa Ticagrelor oder Prasugrel, verordnet, wird. Die Original-Veröffentlichung der Münchener ist hier nachzulesen.