ANTARKTIS: HIER SOLLTE EIS SEIN!

King George Island ist mit 1260 Quadratkilometern Fläche die Größte der Südlichen Shetland Inseln. Auf ihr sind schon seit Jahrzehnten internationale Forschungsstationen angesiedelt. Deutsche Ökologen beobachten mittlerweile genau vierzig Jahre die Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt als Folge des Klimawandels. Diese sind hier deutlich zu sehen:

Die Antarktis wird in dieser Region von Jahr zu Jahr grüner…“

…, beschreibt Christina Braun vom Institut für Ökologie und Evolution der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Situation vor Ort. Gerade kam Sie mit einem vierköpfigen Forschungsteam und einer umfangreichen ökologischen Datensammlung aus der Antarktis zurück.

Die Wissenschaftler beobachteten, dass die heimische Grasart „Deschampsia antarctica“ durch den Rückzug von Gletschern und längere eisfreie Perioden immer größere Gebiete einnimmt. Sie scheint sich sogar rasant auszubreiten.

VERÄNDERUNG LÜCKENLOS DOKUMENTIERT

Unter Leitung von Dr. Hans-Ulrich Peter starteten Braun und zwei weitere Kollegen der Universität Jena im November 2018, also im antarktischen Sommer, für mehrere Wochen ihre Expedition auf die Forschungsinsel. Ihr Ziel war die Untersuchung der antarktischen Tier- und Pflanzenwelt rund um die russische Forschungsstation Bellingshausen. Denn Peter sowie einige seiner Kollegen dokumentieren seit 1979 nahezu lückenlos die klimabedingten Veränderungen des Ökosystems in der Region.

Langzeitmonitoring: In diesem Jahr dokumentierten Alina Kessel und Martin Senf von der Uni Jena die Anzahl der Brutpaare, die Verbreitung von Brutplätzen und den Bruterfolg von Pinguinen © Christina Braun/FSU

Die aktuellen Untersuchungen laufen im Rahmen eines vom Bundesumweltamt geförderten Forschungsprojekts. Sie erfassen neben den Veränderungen in der Vegetation der Antarktis vor allem auch Daten zu Seevögeln und Robben. Insbesondere Riesensturmvögel, Skuas und Pinguine, Weddellrobben und Seeelefanten stehen dabei in ihrem Fokus. „Wir dokumentieren in einem jeweils definierten Gebiet zum Beispiel die Anzahl von Brutpaaren, die Verbreitung von Brutplätzen und den Bruterfolg von Seevögeln“, erläutert Braun die Feldarbeit. „Aus diesen Datensätzen lassen sich über die Jahre Veränderungen ablesen und so der Zustand des Ökosystems beurteilen.“

Das über die Jahrzehnte gewachsene, umfassende Datenarchiv der Jenaer Forscher ist immens wichtig. Denn, so Braun:

Es gibt international kaum vergleichbare Monitorings für diese Region, die einen so langen Zeitraum abdecken.“

Auch wenn die Auswertung der von der diesjährigen Expedition mitgebrachten Daten erst jetzt beginnt, zeichnen sich einige Entwicklungen bereits ab. So nehmen nicht nur Gräser und andere Pflanzen die von Gletschereis freigegebenen Flächen in Besitz. Auch Tiere, wie Skuas, Möwen und Seeschwalben, besiedeln die neuen Gebiete sehr rasch.

MÜLLMONITORING ALS NEUEN FORSCHUNGSASPEKT

Zudem sticht den Wissenschaftlern noch ein weiteres Problem immer deutlicher ins Auge: Die vom Meer angespülten, jährlich wachsenden Müllberge. Und hier machen ihnen insbesondere die großen Mengen an Plastik beziehungsweise Kunststoff Sorge. So sammeln sich ausgediente Bojen und Netze, Flaschen, Folien und Styropor an den Stränden. Das Schlimme daran ist: Kleinere Plastikteile werden von Sturmschwalben und anderen Seevögeln gefressen. Auch geben sie diese an ihre Küken und Jungtiere weiter. Dem wachsenden Müllproblem nehmen sich die Jenaer Ökologen zunächst einmal auf ihre Weise an: Sie kartieren seit diesem Jahr nicht nur die Flora und Fauna, sondern auch Plastik-Strandgut und anderen Müll der Antarktis.

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Bild oben: King George Island ©Christina Braun/FSU