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FORSCHUNGSPROJEKT ZU UMWELTFREUNDLICHEN UND LEISTUNGSFÄHIGEN NATRIUM-IONEN-BATTERIEN

Eine nachhaltige Energiespeicherung ist die zentrale Motivation, die hinter dem gerade gestarteten Forschungsprojekt „Transition“ ‒ bei dem umweltfreundliche, hochleistungsfähige sowie kostengünstige Natrium-Ionen-Batterien entwickelt werden sollen ‒, steckt. Denn die Märkte für Elektromobilität und stationäre Energiespeicherung werden im Zuge der Energiewende deutlich wachsen. Entsprechend erfordern sie energieeffizientere und leistungsfähigere Speichertechnologien. Noch gelten Lithium-Ionen-Batterien als einer der größten Erfolge für Energiespeicheranwendungen des letzten Jahrhunderts. Ihr Vorteil: Lithium-Ionen-Batterien sind leicht, kompakt und bieten eine hervorragende Energie- und Leistungsdichte. Somit dominieren sie den Markt für tragbare Elektronik, Hybrid- und Elektrofahrzeuge. Doch sie sind nicht unumstritten:

Angesichts der zunehmend steigenden Nachfrage nach Lithium und den in der Lithium-Technologie eingesetzten Rohstoffen wie Kobalt werden jedoch Bedenken hinsichtlich der zukünftigen und langfristigen Verfügbarkeit der kritischen Rohstoffe und der Kosten laut. In diesem Szenario stellen Natrium-Ionen-Batterien eine alternative, kostengünstige und umweltfreundlichere Energiespeichertechnologie dar“, so Professor Stefano Passerini, Direktor des HIU.

ALTERNATIVE ZU LITHIUM-IONEN-BATTERIEN

Ziel des neuen Forschungsprojekts ist es, die Natrium-Ionen-Batterien der nächsten Generation umweltfreundlich, kostengünstig und hochleistungsfähig zugleich zu gestalten. Denn nur so können sie eine echte Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien sein. Um dieses Ziel zu erreichen haben sich Wissenschaftler des Helmholtz-Instituts Ulm (HIU) mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) zwecks Technologietransfer zusammengeschlossen. Gemeinsam möchten sie leistungsfähige, flüssige und polymere Natrium-Ionen-Batterien entwickeln. Bei diesen soll auf der Kathodenseite Übergangsmetallschichtoxide und auf der Anodenseite Hartkohlenstoff aus Biomasse verwendet werden. Leiter der wissenschaftlichen Gruppen sind Professor Stefano Passerini (HIU), Dr. Margret Wohlfahrt-Mehrens vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) und Professor Philipp Adelhelm von der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU). Neben den drei wissenschaftlichen Partnern ist zudem ein umfassender Industriebeirat am Projekt beteiligt. Gefördert wird das dreijährige Projekt im Rahmenprogramm „Batterien 2020“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 1,15 Millionen Euro.

BIOMASSE, POLYMERE ELEKTROLYTE UND KOBALTFREIE KATHODEN

„Dies ist das erste vom BMBF geförderte deutsche Konsortium, das an der Entwicklung hochskalierter Natrium-Ionen-Batterien arbeitet und ein breites Spektrum an Herausforderungen von der Materialentwicklung bis zur Herstellung von Prototypenzellen abdeckt“, so Passerini vom HUI. In dem Projekt wird das Team des HUI an einem innovativen, auf Biomasse basierenden Hartkohlenstoff in Kombination mit wässrigen Bindemitteln und Aluminium als Stromabnehmer forschen.

„Die Entwicklung von hochskalierten Prototypen der Natrium-Ionen-Batterien und das Erreichen der gewünschten Ziele stellen eine große Herausforderung dar, die sich nur in einem Netzwerk mit den komplementären Kompetenzen der Partner bewältigen lässt“, ist Stefano Passerini überzeugt. So wird das Team der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) die Forschungsaktivitäten zur Entwicklung fortschrittlicher flüssiger und polymerer Elektrolyte koordinieren. Während das Team des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) die Entwicklung kobaltfreier Kathoden vorantreibt. Mit ihren Forschungsarbeiten hoffen die Wissenschaftler, die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken. So soll seine führende Position auf dem Gebiet der elektrochemischen Energiespeicherung unterstützt werden.

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STATE OF THE ART IN DER AUSBILDUNG 4.0

Probieren geht über Studieren – das war eigentlich schon immer die Devise, wenn etwas erfolgreich umgesetzt werden soll. Heutzutage ist dies durch die Ausbildung 4.0 mit Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) und Künstlicher Intelligenz (KI) bei misslungenem Versuch ganz ohne gravierende Folgen in der Berufswelt möglich. Genau das machen sich immer mehr Arbeitgeber in der Aus- sowie in der Fortbildung von Mitarbeitern zunutze. Grund genug auch für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) schon im Sommer 2016 die Initiative Berufsbildung 4.0 zu starten. In Kooperation mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) zielt sie darauf ab, neue Maßnahmen für eine zukunftsrelevante, attraktive und wettbewerbsfähige Berufsausbildung zu gestalten. Entsprechend sind mittlerweile einige Projekte in Kooperation mit Universitäten, Instituten und IT-Unternehmen entstanden.

BEWERBUNG

Vor der Ausbildung kommt die Bewerbung. Dank des Forschungsprojektes Empat können sich Jugendliche gezielt auf die Interaktion während des Bewerbungsgesprächs vorbereiten. Denn mit Hilfe von Avataren in Form eines virtuellen, empathischen Trainingssystems wird die Bewerbungssituation geübt und das eigene Verhalten trainiert. Dabei wird – um das Verhalten des interaktiven Avatars an die sozio-emotionale Situation des Nutzers anzupassen –, eine Echtzeit-Analyse sozialer Signale mit einem emotionalen Echtzeit-Benutzermodell gekoppelt. Noch ist für die Forscher der Uni Augsburg (Fachbereich Informatik), der Universität des Saarlandes (Psychologie) sowie Unternehmen aus dem Bereich der 3D-Grafik die realitätsnahe Gestaltung des emotionalen Feedbacks durch den Avatar die größte Herausforderung.

Hochentwickelte Hardwaresensoren erfassen soziale Kommunikationssignale wie Blick-, Augen, Hand- und Körperbewegungen und simulieren emotional-soziale Interaktionsmuster. Die Ergebnisse werden zudem dazu genutzt, mögliche emotionale Zustände eines Benutzers zu berechnen. Begleitet wird das Projekt von einem Ethikbeirat aus den Fachgebieten Coaching, Jugendarbeit, Jura und Pädagogik.

Natürlich sind berufliche Gespräche auch für andere Situationen trainierbar. So werden VR-Brillen zum Beispiel für die Bankberater-Ausbildung eingesetzt. Nach Deutschland wird hier nun auch die Volksbank-Akademie in Österreich aktiv. 2018 startete dazu ein Forschungsprojekt, das im ersten Halbjahr 2019 ausgebaut wird. An die 80 angehende Kundenberater erhalten Übungseinheiten mit einer Virtual-Reality-Brille.

VIRTUELLE NOTFÄLLE

Schon im Jahre 2017 ist das Forschungsprojekt „Epicsave“ gestartet. Hier werden durch den Einsatz von VR verschiedene Szenarien in der Rettungssanitäter-Ausbildung getestet. Ziel dabei ist, „…lebensbedrohliche ‒ aber für eine hinreichende Ausbildung zu selten auftretende Notfälle, wie den allergischen Schock bei Kindern ‒, praktisch trainierbar zu machen“, heißt es auf der Webseite der Initiatoren. Zum Einsatz kommen neben der VR auch weitere digitale Tools aus den Bereichen Gaming, Eye-tracking, Virtual Agents und 3D-Interaktion. Das Projekt wird von Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen betreut. So untersteht die Projektleitung und medientechnische Begleitforschung zu erfahrungsbasierten Serious Games und Virtueller Realität der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Für die mediendidaktische Konzeption und Evaluation der Lernmodule ist das Fraunhofer IESE verantwortlich. Und die Technische Umsetzung der Serious Games sowie der VR-Umgebung stammt von Tricat. Das Ulmer Unternehmen gilt weltweit als Vorreiter in Bezug auf virtuelle 3D Lern- und Arbeitswelten. Implementiert werden die Simulationstrainings in der freien Wohlfahrtspflege (Malteser Hilfsdienst) sowie der Akademie für Notfallmedizin. Langfristig kann Epicsave auch auf die Auszubildenden in Gesundheitsfachberufen sowie auf die fortbildungsverpflichtete Ärzteschaft übertragen werden. Zudem ist in einem dritten Schritt der Aufbau eines Bildungsportals zu gesundheitlichen Notfällen für die breite Öffentlichkeit angedacht.

Einen ähnlichen Ansatz hat auch die virtuelle Feuerwehr-Ausbildung im Landkreis Cham, die nun auch deutschlandweit eingesetzt wird. Gemeinsam mit der Universität Kassel wurde ein System entwickelt, durch das Einsatzkräfte per 3D-Brille in virtuelle Einsatzsituationen versetzt werden. Der große Vorteil: Ausbilder können das Verhalten beobachten, analysieren und auch gleich korrigieren.

ZUKUNFTSWERKSTATT

Mit Social Virtual Reality wird die reale Welt um eine digitale erweitert. In der App hinterlegt sind die Konstruktionsdaten einer Heidelberg-Maschine der Modellreihe SX 74, die in den Lehrwerkstätten der Schulen am häufigsten vertreten ist ©Heidelberger Druckmaschinen

Mit Social Virtual Reality wird die reale Welt um eine digitale erweitert. In der App hinterlegt sind die Konstruktionsdaten einer Heidelberg-Maschine der Modellreihe SX 74, die in den Lehrwerkstätten der Schulen am häufigsten vertreten ist ©Heidelberger Druckmaschinen

Mit dem Ziel in Bezug auf dynamische Veränderungen nachhaltig handlungsfähige Mitarbeiter zu entwickeln und gleichzeitig eine eher traditionelle Branche für Digital Natives interessant zu gestalten entstand die Zukunftswerkstatt der Heidelberger Druckmaschinen AG. In dieser lernen Auszubildende von Beginn an die Digitalisierungsstrategie des Unternehmens kennen. Die Mechatroniker-Azubis können zum Beispiel per Virtual Reality (VR) das Innenleben einer Druckmaschine näher betrachten. Und lernen dabei virtuell Montage-, Wartungs- und Reparaturarbeiten zu simulieren. „Hier haben wir ein Beispiel für einen gelungenen Transfer von einem Förderprojekt in eine Anwendung für ein Industrieunternehmen“, beschreibt Dr. Lutz Goertz, E-Learning Forscher und Leiter der Bildungsforschung beim mmb Institut. Denn die begehbare Druckmaschine wurde zuvor im BMBF-Projekt „Social Virtual Learning“ entwickelt und erprobt.

DIGITALE ASSISTENZ

Auch das BMW-Werk in Landshut setzt mittlerweile auf digitale Assistenzsysteme in der Ausbildung. Eine VR-Brille trainiert die Azubis insbesondere im Bereich der Fertigung. So lernen sie zum Beispiel zunächst virtuell das Lackieren eines Bauteils mit der Lackierpistole oder das Bohren eines Werkstücks. Laut BMW kommt die Gaming-affine Lernatmosphäre nicht nur bei den jüngeren Mitarbeitern gut an. Die VR-Brille gibt übrigens erstens ein reales Abbild des Arbeitsplatzes wieder, und sie leitet zudem zur richtigen Ausführung an. Am Ende des Trainings wird das Ergebnis ausgewertet. So dass gleichzeitig auch Verbesserungspotenziale aufgezeigt werden. Schon seit 2012 kommt in dem Dingolfinger Werk des bayerischen Autobauers die MRK-Technologie (‚Mensch-Roboter-Kollaboration‘) in der Ausbildung zum Einsatz. Hier sammeln angehende Elektroniker, Mechatroniker und Fachinformatiker erste Erfahrungen im Programmieren von MRK-Robotern für die Fertigung. Die Roboter sind flexibel einsetzbar. Sie bewegen sich direkt neben den Menschen und übernehmen häufig monotone Arbeitsschritte, die hohe Zuverlässigkeit oder gleichbleibende Kraft und Ausdauer benötigen.

FLUGSCHÜLER IN VIRTUELLER WELT

Seit 2017 wird bei der European Flight Academy das Lufthansa Aviation Training (LAT) eingesetzt. Nun wurde das Trainingsmodul „Visual Flight Rules (VFR)“ als bestes eLearning-Tool 2019 in der Kategorie Virtual Reality gekrönt. Die Anwendung ermöglicht Flugschülern, die Luftraumstruktur und das Erkennen von Landmarken aus der Luft vor ihrem ersten Überlandflug in einer VR-Umgebung interaktiv zu erleben. Nach virtuellem Briefing mit 360°-Filmaufnahmen mit 3D-animierten Objekten erleben die Schüler eine immersive orts- und zeitunabhängige Erfahrung des Luftraums und seiner Struktur. Im Anschluss fliegen sie virtuell um den Trainingsflugplatz von Goodyear/USA. Dabei müssen sie Landmarken erkennen und anvisieren. Das Projekt wurde zusammen mit Psychologen der Technischen Universität Berlin entwickelt und kann ein stolzes Ergebnis vorweisen: Die Flugschüler zeigten in realen Flugmissionen eine rund 15 Prozent bessere Gesamtleistung bei einer gleichzeitigen Senkung des Stresslevels.

MIXED REALITY AN DER UNI

Dank der Kombination aus Augmented Reality und tatsächlichen Gegebenheiten können Studenten des Bauingenieurwesens der Universität Weimar sowie der Universität Ulm räumliche Informationen realitätsnah in drei Dimensionen abbilden. Gleichzeitig erhalten sie Hintergrundinformationen über vorhandene Objekte, so dass eine Interaktion möglich wird. Anwendungsbeispiele wäre das Bauen von Straßen, Brücken oder Gebäuden mit zusätzlichen, computergenerierten Informationen wie Formeln und Erläuterungen. Hinzu kommen verborgene Einflussgrößen wie Bodenstruktur, CO2-Ausstoß oder Thermodynamik, die dank Mixed Reality (MR) sicht- und erlebbar werden und somit eine entsprechende Planung möglich machen.

DIDAKTIK

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt davon, wohin die Reise in Richtung Ausbildung 4.0 geht. Einen stets aktuellen Überblick über das Thema „Lernen in virtuellen Welten“ gibt das Online Magazin Immersive Learning.

E-Learning-Forscher Goertz sieht auch Grenzen in Bezug auf digitale Lernmodule: „Der Einsatz von VR-Brillen darf kein Selbstzweck sein. Die neuen Tools müssen dem Erreichen von Lernzielen dienen“, skizziert er verschiedene didaktische Konzepte. „So lässt sich das Virtual Reality Learning besonders gut einsetzen für das Verstehen komplexer Prozesse, für das Einüben von Verhaltensweisen, für das Bewegungstraining und den Erwerb von Softskills wie z.B. Kommunikationskompetenzen.“

Sünne Eichler, Beraterin für Bildungsmanagement prognostiziert – dank stets weiter optimierter Rechnerleistungen, verbesserter Grafik und sinkender Hardwarekosten –, eine zunehmende Bedeutung von VR in Lernsituationen: „Wir verschaffen damit dem Lerner ein Lernerlebnis dicht an der Realität – Probehandeln und Selbstwirksamkeit ohne Risiko. Und mit Hilfe der KI können wir spezifisch zugeschnittene Lernangebote machen“, so Sünne Eichler, „das bedeutet individuelles ‚Lernen on demand‘ statt Gießkanne. Mit Hilfe der KI können wir dem Auszubildenden in einem Arbeitsprozess, z.B. beim Bedienen einer Maschine, über Chatbots eine schnelle Antwort auf seine spezifische Fragestellung geben. Er bekommt passgenaues Wissen und die Maschine lernt gleich mit, wo typische Fehlerquellen in der Bedienung liegen.“

Bild oben: Die VR-Brille gibt ein reales Abbild des Arbeitsplatzes wieder. Zudem leitet sie zur richtigen Ausführung an. Sie ermöglicht so bereits frühzeitig und losgelöst vom realen Arbeitsplatz, neue Tätigkeiten zu trainieren ©BMW

Dieser Artikel erschien am 15.2. 2019 in der Innovation Origins.