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Spurensuche: Reduktion des CO2-Fußabdrucks

Keine Frage: Im gesamten Herstellungs- und Vertriebsprozess von Produkten wird Kohlenstoffdioxid ausgestoßen. Doch wie schaffen es umweltbewusste Outdoorartikler, trotzdem CO₂-neutral zu wirtschaften? Ein Blick hinter die Kulissen.

„Als Erstes wird eine vollständige CO₂-Bilanz erstellt. Das Ergebnis  zeigt konkret, in welchen Bereichen die meisten Emissionen  anfallen“, erklärt Stefan Baumeister, Geschäftsführer der Myclimate gGmbH in Deutschland, „so lassen sich Potenziale erkennen, wo Emissionen vermieden bzw. reduziert werden können. Alle nicht vermeidbaren CO₂-Emissionen werden dann über hochwertige  Klimaschutzprojekte ausgeglichen.“ Die Schweizer Klimaschutzorganisation myclimate unterstützt auf internationaler Ebene Unternehmen bei ihren freiwilligen Klimaschutzmaßnahmen und vergibt ein entsprechendes Gütesiegel, den Gold Standard. Natürlich kann niemand komplett ohne CO₂-Emissionen agieren,  sonst müsste er sein Unternehmen schließen.

Für ein sauberes Klima: Es gibt nichts schöneres als frisches Wasser und klare Luft. Foto: Almut Otto

Einsparmaßnahmen: Von Emissionen bis hin zu Kosten

Vorteilhaft an der CO₂-Bilanzierung ist: Mit den richtigen Maßnahmen können nicht nur Emissionen, sondern auch Kosten eingespart werden. Wobei es je nach Branche unterschiedliche Hebelpunkte gibt. Während Dienstleister vor allem bei der  Reisetätigkeit Emissionen einsparen können, sollten Hersteller vor allem Energieversorgung und -verbrauch genau unter die Lupe nehmen.

Ein ganz wichtiger Faktor ist aber auch der Mensch. In den meisten klimabewussten Unternehmen werden die Mitarbeiter zu  Verhaltensänderungen aufgerufen. Neben Papier- und Stromsparen wird die Alternative Fahrrad fahren statt Autonutzung belohnt. Doch, wenn es sich schon nicht vermeiden lässt, kann man auch beim Autofahren, zumindest ein bisschen, klimafreundlicher sein. So  bilden Mitarbeiter der Oberalp-Gruppe bei offiziellen Terminen
wie Messen und Veranstaltungen Fahrgemeinschaften.
Und bei Deuter nehmen alle Kollegen mit Firmenwagen nicht nur an sicherheitsrelevanten, sondern auch umweltbewussten Fahrtrainings teil. Das Thema Klimaschutz ist in einigen europäischen Headquartern der Outdoorindustrie
mittlerweile angekommen.
„Wir konnten im Neubau unserer Firmenzentrale dank
Geothermie mit Wärmepumpe den CO₂-Ausstoß für unsere
Heizung im ersten Halbjahr 2013 um über 90 Prozent
senken,“ erklärt Katrin Bauer, CR-Verantwortliche bei
Deuter, „viel schwieriger ist es aber, den Kohlenstoffdioxidausstoß
in der gesamten Lieferkette sowie weitere
Umweltschutzmaßnahmen in Produktionsstätten in Asien
zu verwirklichen.“

Allein der Fußabdruck eines Wanderschuhs kann bis zu 35.000 Km bei der Produktion ausmachen. Bleibt zu hoffen, dass er lange genutzt wird. Foto: Almut Otto

Nicht nur das! Bedenkt man, dass zum Beispiel ein in Fernost produzierter Schuh an die 35.000 Kilometer zurücklegt, bevor er in den Laden kommt, werden die Dimensionen deutlich. Vor allem, wenn Schuhe, die in Unternehmensnähe produziert werden, wie zum Beispiel bei dem italienischen Hersteller Aku, im Vergleich dazu nur 8.000 Kilometer zurücklegen. Trotzdem bleibt ein CO₂-Fußabdruck vorhanden, der zum Beispiel durch Emissionszahlungen ausgeglichen werden kann. Vorbildlich ist hier der Pflegemittelhersteller Nikwax. Das britische Unternehmen spendet die errechnete Ausgleichssumme noch einmal obendrauf und hat sogar auch rückwirkend für die Zeit vor der Fußabdruckdebatte Emissionszahlungen geleistet.

Jeder kann und sollte etwas gegen den Klimawandel tun. Foto: Almut Otto

Bei aller Euphorie: Sinnvoll wird die Klimaneutralität dann,
wenn wir es ganzheitlich schaffen, neben dem CO₂-Ausstoß
auch andere Umweltbelastungen wie Lärm, Abwasser
etc. merklich zu reduzieren.

Hintergrund 

CO₂-FUSSABDRUCK
CO₂ ist die chemische Formel für Kohlenstoffdioxid. Es ist einfarbloses, geruchloses und nicht brennbares Gas. CO₂ entsteht bei natürlichen Prozessen, wie der Atmung, aber auch bei der Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen. Das zu den Treibhausgasen zählende Kohlenstoffdioxid wird zum Beispiel durch die Photosynthese wieder verbraucht. Aufgrund des menschlichen Einflusses gibt es aber eine bedenklich hohe, zunehmende Konzentration von Kohlenstoffdioxid plus weiterer Gase, die bei der CO₂-Bilanz berücksichtigt werden, in der Atmosphäre. Diese führt zur Erwärmung des Erdklimas, was wiederum unser Ökosystem erheblich ins Ungleichgewicht bringt.
Übrigens gibt es neben der CO₂-Bilanz auch eine Ökobilanz. Diese berücksichtigt neben den Treibhausgasen weitere relevante Umweltwirkungen wie Überdüngung von Gewässern, das Ozonabbaupotenzial (Ozonloch) oder das Feinstaubbildungspotenzial.

GOLD STANDARD
Es gibt viele Möglichkeiten der CO₂-Kompensation und Zertifizierung. Als besonders streng gilt der Gold Standard. Hier werden neben der Emissionsreduktion auch weitere ökologische wie auch soziale Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt. Das unabhängige Gütesiegel basiert auf bestehenden WWF-Standards und unterstützt nur hochwertige Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern.

CO₂-AUSSTOSS IM PRIVATHAUSHALT
Auch Privatpersonen können ihren CO₂-Ausstoß reduzieren. 1,5 Tonnen CO₂ pro Mensch und Jahr gelten als klimafreundlich, um langfristig die Erwärmung von zwei Grad aufzuhalten. Doch laut Germanwatch setzt jeder Bundesbürger circa 9,3 Tonnen reine CO₂-Emissionen frei. Grund genug, im Kleinen anzufangen.
Wer was tun möchte, sollte zunächst – wie Unternehmen auch – eine Klimabilanz erstellen. Erst dann weiß man, mit welcher Maßnahme effektiv eingespart wird. Das kann unter anderem das Einkaufsverhalten (regionale Lebensmittel, langlebige Produkte), der Strom- und Heizungsverbrauch (Standby-Modus ausschalten, Licht ausmachen, bewusste Stoßlüftung, Ökostrom nutzen), Mobilität (Fahrrad fahren, umweltfreundliche Verkehrsmittel, Fahrgemeinschaften, umweltfreundliche Fahrweise), der Umgang
mit Wasser (Duschen statt Baden, nur volle Maschinen waschen) und nicht zuletzt auch die eigene Emissionsausgleichs-Zahlung sein. Weitere Tipps gibt es bei CO₂-online. Den privaten Klimarechner bietet zum Beispiel das Bayerische Landesamt für Umwelt an.

WEITERE INFORMATIONEN:
Atmosfair
Bayerisches Landesamt für Umwelt
CO2 online
Germanwatch
myclimate
Prima Klima Weltweit
Umweltbundesamt

Dieser Artikel erschien in der mountains4u 1/2014.

Text & Bild: Almut Otto

 

Nachhaltige Skigebiete – Ein Widerspruch per se?  

Profitorientierter Eingriff in die Natur, hoher Energie- und Wasserverbrauch sowie optische Schandflecken am Berg: Skifahren ist vielen Umweltschützern ein Dorn im Auge. Doch die Zeiten ändern sich! Immer mehr Skigebiete legen auf Nachhaltigkeit wert.

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Verständlich, dass kaum einer diesem Spaß widerstehen kann! Foto: Alpachtal

 

Text: Almut Otto, Fotos: divers

2-Skifahrer_Truppe_am_Hüttendach_Alpbach-klein„Die meisten Skigebiete setzen in Bezug auf Umweltfreundlichkeit auf Sensibilisierungsmaßnahmen wie die Beschilderung von Schutzzonen oder eine nachhaltige Anreise“, weiß Katharina Conradin, Präsidentin CIPRA International, zu berichten, „doch auch die Installation von Solarpanels zur Stromproduktion für Liftanlagen wie in Golm bei Montafon oder im Zillertal können die Umweltbilanz eines Skigebietes verbessern.“ Conradin sieht aber auch den Wiederspruch, den Skifahren und Umweltfreundlichkeit mit sich bringen. Doch immerhin nennt sie fünf Kriterien, die die Existenz eines Skigebiets in ausgewählten Regionen rechtfertigen. Schließlich will keiner auf das Skifahren verzichten. Ein wesentlicher Faktor ist die Größe. Je größer das Gebiet, desto mehr internationale Kundschaft wird angelockt und desto mehr Energie wird bei der An-/Abreise verbraucht. Deshalb gilt: je kleiner, je nachhaltiger. Desweiteren sorgt hohe Schneesicherheit für weniger Kunstschneeproduktion, was wiederum Energie- und Wasservorräte schont. Wird das Skigebiet in die Landschaft eingebettet und somit auf Geländemodellierungen sowie Speicherseen verzichtet, deutet dies auch auf Umweltfreundlichkeit hin. Wichtig ist zudem, dass keine Schutzgebiete tangiert werden. Dies müssen sich vor allem Freerider zu Herzen nehmen. Letztendlich sollte ein Skigebiet wirtschaftlich tragbar sein, die regionale Wirtschaft stützen und auf staatliche Subventionen verzichten.

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Skifahren mit Bedacht. Foto: Alpbachtal

ALPACHTAL – FORSCHUNGSZENTRUM FÜR NACHHALTIGEN TOURISMUS

Vorzeigeprojekt in Bezug auf Nachhaltigkeit ist das Alpachtal: Im April 2014 wurde es Forschungszentrum für nachhaltigen Tourismus im Alpenraum. Drei Jahre sollen unter dem Namen Mount++ neben der umweltverträglichen Nutzung des Skigebiets auch intelligente und praxisnahe Lösungen zur Energie- und Ressourceneinsparung gefunden werden. Im Fokus stehen dabei etablierte Lösungen wie umweltfreundliche Fortbewegung. Zudem ist ein Großteil der Hotellerie und Gastronomie nachhaltig aufgestellt. „Die Alpbacher Seilbahnen sind aktive Partner in dem Projekt Mount++ und bestrebt, mit modernster Technik energieeffizient und nachhaltig zu arbeiten“, erklärt Dr. Paul Stampfl, wissenschaftlicher Leiter des Projekts Mount++, „das gilt für die Pistenpräparierung mit Geräten, die mit dieselelektrischem Antrieb arbeiten genauso, wie für die Beschneiung mit Naturdruckgravitation.“

KURVENPATEN, ENERGIETEPPICH UND RENATURIERUNG

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Mitmachen lohnt: In Arosa, können Skifahrer durch Aufwärmtraining auf einem Energieteppich, Energie für die Bergbahnen produzieren. Foto: Aros

Auch der Schweizer Skiort Arosa kann nachhaltiges Engagement vorweisen: Wer die Patenschaft für eine der 360 Kurven zwischen Chur und Arosa übernimmt unterstützt den Arosa Ökofonds, Leistungsträger im Dorf nutzen hauptsächlich Produkte aus der Region und neben dem Energieteppich organisieren die Arosa Bergbahnen mehrere Aufräumtage mit der Primarschule. Das Wintersportgebiet Arosa Lenzerheide fördert unter dem Motto „Mein Skiticket ist auch ein ö.V. Billett“ zudem den öffentlichen Verkehr. Freerider dürfen sich auf Checkpoints mit Informationen über Lawinensituationen und -gefahren sowie Hinweisen zum nachhaltigen Umgang mit der Umwelt freuen.

Der Stubaier Gletscher setzt vor allem auf energiesparende Maßnahmen wie Anpassung der Seilbahngeschwindigkeit, Energierückgewinnung, Nutzung von Abwärme, Lüftungssteuerung und Aufzeichnung der Energieverbräuche. Im Sommer schützt eine großflächige Vliesabdeckung den Gletscher vor dem Abschmelzen. Vor Ort zeichnet sich besonders der Jagdhof durch sein nachhaltiges Wirtschaften mit zum Teil eigenen Produkten aus.

Im Zweifelsfall kann es aber auch vorkommen, dass ein nicht mehr tragbares Skigebiet renaturiert wird. So geschehen am Gschwender Horn bei Immenstadt im Allgäu. Aus dem Skigebiet mit Liftanlagen und Pistenflächen wurde innerhalb von vier Jahren ein ansehnliches Wander-, Erholungs- und Naturgebiet.

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Die Mayerhofner Bergbahen setzen auf Energie durch Solarenergie. Foto: Mayrhofen

LINKSAMMLUNG ZUM THEMA NACHHALTIGKEIT VON SKIGEBIETEN:

Zertifizierungssystem von Skigebieten der Stiftung Pro natura

Initiative „Respektiere deine Grenzen“

Französische Auszeichnung Flocon Vert

Veröffentlichungen von CIPRA – Leben in den Alpen: Umweltzertifizierung von Skigebieten

Grüner Wintersport

Sustainable Sports